In Deutschland tauchte der Begriff „Desi“ zum ersten Mal auf einem Partyflyer von Whatyaar Entertainment auf. Auf anderen Parties stand meist „New Indian Vibes“ oder ähnliches. Assma Zafar interviewte Arun Raghav aus Bonn, bekannt als DJ Arun, der diesen „Desi-Sound“ in Deutschland heimisch machen will.
Man munkelt, dass Du demnächst ein Desi-Album rausbringen willst. Stimmt das oder ist alles nur heisse Luft ?
Doch, das stimmt. Das erste offizielle Desi-Album von Whatyaar Recordz wird in Kürze erscheinen und Deutschland mit Desi Vibes versorgen. Die Leser von theinder.net haben die Möglichkeit hier in das Album hineinzuschnuppern und daneben sogar einen vollständigen Track in den nächsten 2 Wochen (bis Anfang November 2001) bei theinder.net zu downloaden.
Da theinder.net im Moment im Verlosungsfieber zu sein scheint, will auch ich meinen Teil dazu beitragen und Euch zwei CD’s meines neuen Albums zur Verfügung stellen. (Anm. der Red.: Wenn Ihr zu den glücklichen Gewinnern zählen wollt, schreibt uns einfach inklusive Eures Namens, Adresse und Telefon die richtige Antwort auf folgende Frage: „Was bedeutet ‚Desi-Musik‘?“ Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Redaktionsmitglieder dürfen an der Verlosung nicht teilnehmen.)
Da du scheinbar einen wichtigen Anteil an der Entstehung der Desi-Szene hier in Deutschland besitzt, könntest Du uns eigentlich ein bisschen über diese Szene hier berichten? Denn in den USA ist sowas doch schon Gang und Gebe, in Deutschland jedoch leider (noch) nicht.
Also angefangen hat es alles mit der „Indian Night“ in Frankfurt anno 1996. Die indische Jugendgruppe Sandhikta hat den Grundstein dafür gelegt. Was für Musik damals gespielt worden ist, war irrelevant. Es ging einfach darum, sich mit jungen Indern zu treffen und Spass zu haben. Knapp ein Jahr nach der ersten Indian Night habe ich hier in NRW eine ähnliche Veranstaltung mit einigen Freunden organisiert, auf der ich ausschließlich Hindi-Remixes von Bally Sagoo aufgelegt habe. Bally Sagoo ist der erste Inder, der erfolgreich das Konzept des Hindi-Remix weltweit vermarkten konnte und somit jeden indischen DJ animierte, selbst solche Remixes zu produzieren. ja, ich würde ihn den „Godfather of Hindi Remixes“ nennen.
Mit der Zeit hörte man die Hindi-Remixes, die von DJ Sabu in Frankfurt und später auch von mir aufgelegt worden sind.
Mit der „Indian Millennium Party“ im Jahre 2000 trat dann ein neues Konzept einer indischen Veranstaltung auf: zum ersten Mal wurden auf einer indischen Party in Deutschland die ganze Zeit über Desi Vibes und Hindi Remixes aufgelegt. Nachdem die Leute auf den ganzen Bhangra- Tracks regelrecht abgingen, war für mich klar, dass auch nach Deutschland der Desi-Hype übergeschwappt war. Die nachfolgenden Parties unterstrichen dies.
Ich höre immer wieder, dass sich z.B. in den USA oder Kanada die Hindi-Remix- bzw. Bootleged-Szene abschwächt. Wieso eigentlich, war das Ganze eine Eintagsfliege?
Dafür gibt es zwei simple Gründe: erstens wollen die Leute auf den Tanzflächen hören, auf was Indien tanzt und was auch ursprünglich aus Indien kommt. Man will sich kein falsches Etikett aufkleben lassen. Die NRI’s, die in den Staaten leben, sind selbstbewusste Inder, die stolz auf ihre Herkunft sind. Dementsprechend merkt man auch, dass Hindi-Remixes mittlerweile nur gut 40 % einer guten US-Remix-CD ausmachen, der Rest ist nur Desi-Mucke.
Zweitens ist es so, dass der amerikanische Markt hoffnungslos mit schlechten Hindi-Remixes übersättigt ist. Erst kürzlich meinte ein renommierter Desi-DJ aus Toronto/Kanada zu mir: „Jeden Tag erscheint ein neuer ‚Wannabe Desi DJ‘ auf der Bildfläche, mischt irgendeinen Bullshit ab, bringt es in den Laden und verlangt dafür 18 Bucks. Und das Schlimme dabei ist ja auch noch, dass solche Menschen kein Wort Hindi/Punjabi verstehen […] ja aber halt Hindi Remixes machen…“ Nun, dem muss ich leider zustimmen. Hindi-Remixes zu produzieren ist eine Kunst, die von einem erwartet, das Beste aus zwei verschieden Musikkulturen zu vereinen. Dazu gehört auch das perfekte Verständnis der Hindisprache.
Einfach einen Beat unter den Hindi-Vocals zu legen, ist meiner Meinung nach keine Kunst, das könnte ich doch bestimmt auch… naja oder zumindest ein gewöhnlicher Dorf-DJ, der ein bisschen Taktgefühl hat. Was soll denn nun das Besondere an deiner CD sein? Vielleicht bist du ja auch einer von diesen Dorf-DJ’s?
Der war gut, Respekt. Nein, so einer bin ich zum Glück nicht. Da meine Muttersprache Hindi ist, habe ich diese Probleme nicht. Ich bin mit den ganzen Bollywood-Tracks aufgewachsen. Schon von klein auf habe ich viel Hindi-Musik, aber auch westliche Musik gehört. Der Gedanke beides zu mischen, lag also schon in der Luft. Vor vier Jahren habe ich dann angefangen, mit der Mischerei rumzuexperimentieren. Ich wollte was ganz neues kreieren, nicht leicht nachzuahmen, zeitintensiv, um letztlich produziert zu werden. Meine Hindi- Remix- Tracks erzählen immer eine kleine Geschichte. Ich nenne es „Lyrics Mixing“. Ich will das mal an einem Beispiel erklären : wenn z.B. der Hindi-Orginaltrack „Akhiyaan Milaoon“ aus dem Film „Raja“, zu deutsch „Wenn unsere Blicke sich treffen“ heißt – aber das weisst Du ja als Filmkritikerin – mische ich das ganze mit einem Hiphop-Beat von Biggie „Hypnotized“ – und voila, mein Hindi-Remix-Track heißt „Akhiyaan Milaage to hypnotized hogaya Mix“, zu deutsch „Wenn unsere Blicke sich treffen, werde ich hypnotisiert“- Mix. Wenn Du beide Orginaltracks kennst und Hindi kannst, verstehst Du diese „Lyricsspielerei“. Übrigens hatte Madhuri Dixit damals eine tolle Tanzeinlage zu diesem Song…
Ja, das stimmt, sie sah wirklich toll in diesem Film aus. Interessant dieses „Lyrics Mixing“. Was die Hindi-Remix-Essenz angeht, auf jeden Fall innovativ. Wenn man dem Begriff „Desi“ im musikalischen Sinn betrachtet, bist Du dann Deutschlands einziger „Desi-DJ“?
Stop, da muss ich einiges klarstellen: ja, es stimmt, dass ich der einzige Desi-DJ in Deutschland bin, weil ich Dhol-Mixes auflege, aber es gibt zwei weitere DJ’s die zwar nicht in dem Sinne Desi-Mixes auflegen, dafür aber u.a. Hindi-Remixes. DJ Sabu Mathew aus Wiesbaden hat durch seine „Rude Ride Remixes 1 und 2“ auf sich aufmerksam gemacht und zudem einen großen Anklang bei der südindischen Community in Deutschland gefunden. Ein paar Tracks von seiner zweiten Produktion gefallen mir vom Sound her sehr gut. Soweit Ich weiß, macht er auch Tamil Remixes. DJ Roman aus München ist mehr in der Asian Underground-Ecke tätig.
Machst du denn keine südindischen Remixes?
Doch, aber diese sind nur für meine südindischen Freunde bestimmt. Ich habe letztens einen Tamil-Song namens „Kushy“ für ein paar Freunde abgemischt, nachdem sie mir andeutungsweise die Lyrics erklärt haben. Sogar dem Malayalam-Track „Sukhirya“ von Yesudas habe ich fetten House-Touch gegeben. Nur mische ich diese Sachen bloss für individuelle Personen ab, die gern was Fetzigeres in ihrer Sprache haben wollen. Ich persönlich nehme momentan Abstand davon, weil ich die jeweilige Sprache leider nicht verstehe und die Tracks deshalb lieber nicht veröffentliche.
Was sind Deine musikalischen Pläne für die Zukunft?
Also viel kann ich Dir noch nicht erzählen, aber eines kann ich hier an dieser Stelle erwähnen: wir planen eine engere Kooperation mit einigen renommierten DJ’s aus den USA.
Vielen Dank für das Gespräch.