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„Gib Aids keine Chance“: bis nach Indien scheint dieser Slogan noch nicht vorgedrungen

(von Selina Nayyar) Weltweit gibt es 36 Mio. mit dem HIV- Virus infizierte Menschen. Der größte Teil von ihnen lebt in Afrika, doch nicht nur dort bedroht die Immunschwächekrankheit AIDS die Bevölkerung, sondern auch in Indien stellt sie eine Gefahr für das Land dar. Indien dass in dieser Hinsicht bereits als “ Der schlafende Riese“ bezeichnet wird, stellt mit 4 Mio. erkrankten Menschen das Land mit der 2. größten Anzahl Aids Infizierter dar. Diese Zahl scheint zwar auf den ersten Blick gering zu sein, im Vergleich zur Gesamtheit der Bevölkerung doch das erschreckende daran ist die Entwicklung die stattgefunden hat. 
Aids in Indien wurde erstmals 1986 in Madras an einer Prostituierten festgestellt. Seit dem hat sich in Sachen Aufklärung und Präventivarbeit wenig getan. Die Zahl der HIV- Positiven hat sich in den letzten 3- 4 Jahren verdoppelt. Mittlerweile sterben jährlich 300 000 Menschen an den Folgen von Aids, 500 000 stecken sich im selben Zeitraum an. Die Dunkelziffer ist dabei allerdings sehr groß. In Indien wird nicht gern über Aids geredet. Freiwillig lassen sich nur Wenig testen, lieber leben sie in Ungewissheit als von der Gesellschaft nicht länger akzeptiert zu sein. Aids ist im Moment noch vorwiegend ein Problem der urbanen Regionen. So sind die Menschen im Einzugsgebiet von Mumbai (Bombay) besonders betroffen. Mumbai mit seinen ca. 20 Mio. Einwohnern hat die weltweit größten Slums und das größte Rotlichtviertel Asiens. Hunderttausende Frauen arbeiten hier als Prostituierte, viele aus dem benachbarten Nepal verschleppt und verkauft. Ca. 70% in diesem Milieu sind schon HIV- positiv. Diese Tatsache bleibt auch in der restlichen Bevölkerung nicht unbemerkt, so weitete sich der Virus aus, und rund 4,2% der Einwohner Mumbais sind ebenfalls infiziert. Chennai und Calcutta haben die 2. und 3. größte Anzahl der Erkrankten. Während sich in diesen Regionen die meisten Betroffenen durch heterosexuelle Kontakte infizieren, stellt im Nordosten (Manipur und Nagaland) der Drogenkonsum die größte Bedrohung dar. 
Während es regionale Unterschiede bei der Verbreitung von Aids gibt, sind keine Unterschiede in den Bevölkerungsschichten festzustellen, es kann jeden treffen. Doch vor allem in den ländlichen Regionen ist die Bevölkerung kaum über Risiken aufgeklärt. Ein weiterer alarmierender Fakt ist die Tatsache dass 3 mal so viele Mädchen an Aids erkranken als Jungen. Auch die Zahl der Aids- Babies steigt dadurch stetig an. Die Justizbehörde spricht davon dass jede Sekunde eine Straftat gegen ein Mädchen begangen wird, alle 20 Sekunden eine schwere Tat und alle 15 Minuten sogar ein Mord. Oft sind darunter auch Vergewaltigungen und sexuelle Misshandlungen bei denen sich die Mädchen anstecken. Die Dunkelziffer der eigentlich Aids- Infizierten ist somit also nicht auszumachen wird aber sehr hoch geschätzt. So sind viele Krankenhäuser auch gar nicht in der Lage die Krankheit überhaupt zu diagnostizieren, da Bluttests kostenaufwendig sind. Andere Krankheiten wie Tuberkulose die bei ca. 70% der Erkrankten auftreten in Folge der Immunschwäche werden dann als Todesursache angegeben. Medizinische oder psychologische Hilfe ist indes sowieso nur minimal möglich. So gibt es in der Hauptstadt Delhi (14 Mio. Einwohner ) gerade mal ein Zentrum das in der Lage ist Aids Kranke zu betreuen. Die Regierung verwendet zu wenig Geld um eine gründliche Aufklärung sowie Vorsorge oder Krankenbetreuung zu ermöglichen. Und das Geld das von der Weltbank zur Verfügung gestellt wurde reicht nicht aus. Die 40 Mio. Dollar die verwendet werden können entsprechen gerade mal 0,01 % der öffentlichen Gesundheitsausgaben des indischen Staates. Die einzige staatliche Organisation „National Aids Control Organisation“ (NACO) versucht mit diesem Geld zurecht zu kommen. Dabei leisten auch die indischen Pharmakonzerne ihren Beitrag. So produzieren einheimische Firmen Generika von patentierten Aids- Medikamenten, wobei sie nicht gegen das indische Gesetz verstoßen. Mit diesen Medikamenten die sehr billig sind kommt eine Behandlung auf 350 Dollar pro Patient und Jahr zu stehen (im Vergleich: 10-12.000 Dollar in den USA). Ab 2005 wird allerdings das Einholen von Lizenzen für die Herstellung patentierter Medikamente obligatorisch. Ohnehin sind diese billigen Medikamente nicht für einheimische Patienten erschwinglich. Sie gehen meistens ins Ausland, denn in Indien beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen 440 Dollar und da so gut wie keine Krankenversicherung existieren können sich nur wenig Kranke die nötigen Medikamente leisten. 
So bleibt also nur ein Ausweg um die Ausbreitung von Aids einzudämmen. Die Aufklärung und die Vorsorge. Das Tabu zu brechen und offen mit der Bevölkerung über dieses Thema reden zu können. Angefangen in den Schulen um die jungen Leute zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Sex heranzuziehen. Auch müsste sich die Stellung der Frau ändern, damit es in 10 Jahren in Indien keine Ausmaße erreicht wie derzeit in Afrika, wie bereits prophezeit wird.
Foto: (c) clipdealer.com (Media-ID: A:16768849)
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