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Entführter südindischer Politiker tot

(von Tobias Grote-Beverborg) Der entführte ehemalige Staatsminister des indischen Bundesstaates Karnataka, Hannur Nagappa, wurde am Sonntag tot aufgefunden. Ein Tonband seines Entführers, Indiens meistgesuchten Verbrechers Veerappan, führte die Polizei zum Fundort, einem Dschungelgebiet im benachbarten Bundesstaat Tamil Nadu. In dem Tonband erklärte Veerappan, dass Nagappa bei einem Schusswechsel mit der Polizei verletzt wurde und freigelassen würde.

Bereits Ende August wurde der Politiker aus seinem Wohnhaus entführt und befand sich seitdem in der Gewalt des berüchtigten Verbrechers. Etliche Befreiungsversuche schlugen fehl. Auch die Verhandlungen mit dem von Veerappan gewünschten Unterhändler, eines wegen Waffenhandels inhaftierten tamilischen Aktivisten, scheiterten.

Veerappan begann seine kriminelle Laufbahn im Alter von 14 Jahren mit dem Wildern von Elfenbein. Zum Elfenbeinschmuggel gesellte sich der Schmuggel von Sandelholz. Der Wert seiner illegalen Aktivitäten in diesem Bereich beläuft sich auf ca. 5 Millionen US-Dollar. Sein Operationsgebiet ist ein unwegsames Dschungelgebiet zwischen den südindischen Bundesstaaten Karnataka und Tamil Nadu.

Für weitere Einnahmen sorgen zahlreiche Entführungen von hoch gestellten Persönlichkeiten. Vor zwei Jahren entführte Veerappan den populären indischen Filmstar Rajkumar. Nach über hundert Tagen und der Zahlung eines, nach unbestätigten Aussagen, gewaltigen Lösegeldes kam Rajkumar frei. Bisher hatten auch alle anderen Geiseln ihre Entführung unbeschadet überstanden. Vieles spricht dafür, dass der Tod seines jüngsten Entführungsopfers nicht beabsichtigt war und den Darstellungen Veerappans entspricht.

Aber Veerappan ist bekannt für seine Skrupellosigkeit, mindestens einhundert Morde werden ihm zu Lasten gelegt. Die wahren Todesumstände werden wohl erst nach der Ergreifung Veerappans geklärt werden können. Doch bisher haben die Fahnder keinen Erfolg: Trotz einer Belohnung von über 30.000 US-Dollar und der Bildung einer Sondereinheit, die aus knapp 2.000 Polizeibeamten besteht, gelang es Veerappan in den letzten Jahren immer wieder, seinen Verfolgern einen Schritt voraus zu sein.

Seine Gefolgsleute porträtieren den hoch gewachsenen Verbrecher, dessen Markenzeichen sein gewaltiger Schnauzbart ist, gerne als modernen Robin Hood, der durch den Rückhalt in der Bevölkerung seinen Häschern immer wieder entwischen kann. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Veerappan über ein ausgezeichnetes Netzwerk von Informanten verfügt und mögliche Verräter brutal ermorden lässt. Für die indischen Strafbehörden ist ein Fahndungserfolg von größter Bedeutung: Zum einen kann nur so die Legendenbildung gestoppt werden, zum anderen ist sie den Nachweis schuldig, dass Veerappan keine Informanten in den eigenen Reihen hat.

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