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So, 22. Dezember, 2024
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Bahn frei für urbane Desi-Klänge: Panjabi MC

(von Diptesh Banerjee) Bislang blieb urbane asiatische Musikkultur in der britischen Unterhaltungsinsdustrie unbeachtet. Die Wenigen, die als „Talvin Singh“, „Corner Shop“ oder „Asian Dub Foundation“ ihren Weg ins Rampenlicht fanden, wurden schlichtweg als exotische Randerscheinungen behandelt. Im Vereinigten Königsreich sollten keine asiatischen Popstars den Zeitgeist repräsentieren. So ist zu verstehen, dass Panjabi MC’s „Mundian To Bach Ke“ vier Jahre lang als heimlicher Hit im Underground der global vernetzten Desi-Communities puliserte, um erst in der Zusammenarbeit mit dem Deutschen „Superstar-Label“ einen höheren Bekanntheitsgrad zu erlangen. Eine breitere Medienpräsenz, die dem Bhangra-Sound einen kommerziellen Chart-Erfolg garantierte. Mit dem Knight-Rider-Tune und dem aufregenden Hip-Hop-Rhythmus schlägt „Mundian To Bach Ke“ im Puls der Zeit und verkörpert mit Dhol- und Tumbi-Elementen den Schmelztiegel indo-westlicher Jugendkultur. 

Zuletzt brachte mich Panjabi MC’s DJ-Live-Performance am Samstag, 25.01.03 in der Duisburger Discothek Soundgarden im Rahmen seiner Deutschland-Tour zu der Überzeugung, dass Bhangra-Club-Sound langfristig nicht nur die Herzen urbaner Desi-Jugend berühren dürfte. „Mundian To Bach Ke“, der durch den orientalischem Flair im türkischen Bevölkerungsanteil Deutschlands bereits schon Hymnencharakter genießt, läutet die Geburt eines Musik-Genres ein, die bisher nur im asiatischen Underground Großbritanniens lebendig war und sich in Deutschland nun kommerziell etabliert. 
Ich finde mich im Labyrinth eines riesigen Hallenkomplexes wieder, verloren in einer musikalischen Welt unterschiedlicher Klangfarben. Massen von Partygästen, meist im Alter von 18-20 Jahren, geben sich mit erwartungsvollen Blicken der Nacht hin. Blicke, die sich auf mich und meinen indischen Begleitern festbeißen. Wir sind originell, es ist unser Panjabi MC, der musikalische Atem unserer Kulturvielfalt. Kameramänner vom ZDF und VIVA kreuzen meinen Weg. Momente, die meine Vorfreude auf das indische Highlight beflügeln. An den Wänden hängen Plakate, auf welchen ich die Aufschrift „Panjabi MC Live – Top 5 der Deutschen Charts – Knight Rider Meets India Mundian To Bach Ke!“ lese. Eine Aufschrift, die dem Abbild des legendären MC’s aus dem nordwestlichen Indien eine einzigartige Bedeutung verleiht. Desi 4 Live! Am geöffneten Tor zur Haupthalle klebt ein Aushang, der die Live-Performance von Panjabi MC um 1 Uhr ankündigt.
Sobald die Tumbi-Tunes von „Mundian To Bach Ke“ vermischt mit Songs der R&B-Musik zum Countdown erklingen, erhebt sich ein Aufschrei des Partyvolkes. Ich halte mich inzwischen in der Main Area auf. Um 1 Uhr warte ich und die wenigen anwesenden Desis mit großer Erwartung auf Panjabi MC, der sich noch in der Garderobe befinden soll. Timir Baran Roy aka T-Roy, der „Maharadja des Tablas“, der aufgrund seiner Kurtha und der Om-Kette an seiner Brust mehrfach als Panjabi-MC verwechselt wurde, teilt mir mit, dass das angereiste Kamerateam während der Live-Performance besonders an Aufnahmen von Desis interessiert sei, um indischen Flair zu zeigen. 
Irgendwann ist es dann soweit. Unser Held steht oben an den „Wheels of Steel“ und legt seinen Chart-Erfolg auf. Die Masse tobt. Wir bringen unseren Stolz im Tanz und Jubel zum Ausdruck. Momente der Wirklichkeit aus den Träumen eines Desis, der in seiner Schulzeit bei der Behandlung des Mutterlandes hauptsächlich mit Beulenpest und Unterdrückung von Frauen konfrontiert wurde. Kommerzielle Rap- und R&B-Songs wie Truth Hurts‘ „Addictive“ und Eric Sermons „React“, die Panjabi MC auf die Plattenteller legt, sollen den Atem indischer Kulturvielfalt einer mitteleuropäischen Jugend vermitteln, die zum größten Teil bisherige US-Musikkultur lebt. Musikkultur, die nun in einer einstündigen Bewusstseinserweiterung neue Sphären erfahren dürfte. Diverse Bhangra-Vocals werden gekonnt mit dem „Mundian To Bach Ke“-Instrumental vermischt und das Potential indischen Gesangs in Szene gesetzt. „Kudi Punjaban“ ertönt es und läßt die Halle erbeben. Wir finden uns auf einer riesigen „Indian Party“ wieder. Leider werden wenige neue Stücke gespielt und der Sound von der Stimme des Rappers, der energisch die Party-People anheizt, sehr oft übertönt. Auf diese Weise verliert die fantastische Show, die den Rap-MC mit einschließt, ihre Faszination. Vermisst habe ich persönlich Panjabi MC’s „Indian Break Part 2“, der bereits schon beim Black-Music-Sender „JamFM“ vom Moderator DJ Groove als Szene-Tip vorgestellt wurde. Im Großen und Ganzen blicke ich auf das Event mit großem Stolz zurück. Stolz, den ich als deutscher Desi mit herausgehobener Brust in die Gesellschaft hineinleben kann. 
Unbefriedigend finde ich, dass die traditionsbetonte Bhangra-Szene und der elektronische Sound des Asian Underground auf gegenseitige Intoleranz stößt, statt zusammenzufließen und urbane südasiatische Musikkultur zu bereichern. Der erste Grundstein für die Desi-Szene ist durch Panjabi MC jedoch gesetzt. Die Türen stehen nun offen für weitere Desi Vibes, die nun in den aktuellen Platten des DJ Sanj ihre Fortsetzung findet. ‚Put your hands up India!‘
Diptesh Banerjee
Diptesh Banerjee
Diptesh Banerjee, Jg. 1976, ist als freier Redakteur für theinder.net tätig. Er studierte Germanistik und Informationswissenschaften an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und arbeitete als freier Journalist für die Rheinische Post. Als professioneller Musiker mit bundesweiten Konzerten und Hörfunk/TV-Auftritten veröffentlichte er fünf Alben. Unter dem Pseudonym "Brandon Joe Anderson" ist er freischaffender Musikproduzent und Rapper und geht derzeit einem Studium der Philosophie nach.

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