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Fr., 27. Dezember, 2024
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Indiens Weg in die Unabhängigkeit – die Teilung einer Nation

Als am 15. August 1947 Indien formell seine Unabhängigkeitserklärung verkündete, war damit die Freiheit von der jahrhundertelangen Unterdrückung britischer Herrschaft erlangt. So sehr sich Mahatma Gandhi auch für die Freiheit seines Landes einsetzte – und diese erreichte – so vermochte nicht einmal er die Teilung einer großen Nation zu verhindern.

„Gandhiji“: Er ist unbestritten die Identifikationsfigur der Nation. Er war zwar nicht der einzige Freiheitskämpfer, wohl aber der wichtigste und entscheidende. Ohne ihn wäre der Tag der Unabhängigkeit sicherlich nicht existent. Doch was war geschehen, als diese Gestalt sich gegen das Regime erhob und einen Weg ging, der die Freiheit bedeutete? Wir klinken uns in das Indien nach dem 1. Weltkrieg (1914-18) ein. Ein kurzer Geschichtskurs über die entscheidenden Ereignisse, die zum sensationellen Zusammenbruch britischer Kontrolle führten.
Nachdem der 1. Weltkrieg vorüber war, spitzten sich die innerpolitischen Auseinandersetzungen erneut zu – die Nation war in Bewegung. Und so wusste sich die britische Regierung nicht anders zu helfen, als die sogenannten „Rowlatt Acts“ in kraft zu setzen. Sämtliche Bürgerrechte waren damit ausgeschaltet. Jedoch wurde damit das Gegenteil erreicht und eine Welle der Gewalt durchbrach weite Teile Indiens. Im Zuge dessen trat jemand zum Vorschein, der die Philosophie des gewaltlosen Widerstandes „Satyagraha“ predigte – Mohandas Karamchand Gandhi. Der 13. April 1919 jedoch wurde für diese Protestwelle ein blutiger Tag. Eine friedliche Demonstration in Amritsar wurde jäh durch britische Soldaten unter der Führung General Dyers brutal niedergeschlagen.
Solche Ereignisse wirkten als Katalysator für eine antibritische Haltung innerhalb der indischen Bevölkerung. Gandhi – nunmehr „Mahatma“ (Sanskrit: „die große Seele“) genannt – führte seine Politik konsequent durch. Darin enthalten waren u.a. Boykott britischer Waren oder Nichtteilnahme pro-britischer Veranstaltungen. Gewalt sollte dabei ein Tabuthema bleiben. Leider interpretierte manch Inder dieses Prinzip falsch und setzte es in Form von Gewalt um. Für die britische Regierung jedoch war Gandhi Verursacher jeglichen Aufruhrs.
Zwischen 1922 und 1947 – Gandhi war in dieser Zeit bereits unzählige Male in Haft genommen und wieder freigelassen worden – gab es zwar Fortschritte, aber auch interne Konflikte zwischen Hindus und Moslems.
1930 weigerte sich Großbritannien Indien als Dominion anzuerkennen. Während Gandhi als Reaktion seinen berühmten „Salzmarsch“, die das britische Salzmonopol brechen sollte, anführte und daraufhin erneut inhaftiert wurde, nahmen die Demonstrationen und Ausschreitungen besonders in den Großstädten enorm zu. Die Situation geriet außer Kontrolle und so waren die Briten gezwungen 1931 mit Gandhi einen Waffenstillstand zu vereinbaren.
Parallel dazu hatte sich unter der Führung Muhammad Ali Jinnahs die Muslim-Liga erhoben und befürchtete eine Hinduüberlegenheit in einer möglichen Dominion-Regierung. Der religiöse Konflikt war vorprogrammiert.
1935 verabschiedeten die Briten in Absprache mit indischen und britischen Politikern den „Government of India Act“. Dieses Gesetz sah das Einsetzen autonomer legislativer Körperschaften in den Provinzen Britisch-Indiens vor sowie die Schaffung einer Zentralregierung als Vertretung der Provinzen und Fürstentümer und den Schutz muslimischer Minderheiten. Daneben wurde ein nationales Parlament, bestehend aus zwei Kammern, und die Einsetzung einer Exekutive unter Kontrolle der britischen Regierung vorgesehen. Das Gesetz trat 1937 in Kraft, bedeutete aber längst nicht die volle Unabhängigkeit.
In der Praxis war die Verwaltung einzelner Provinzen nicht das Problem, sondern eher die Schaffung einer Föderation. Und so schlug Jinnah die Etablierung eines unabhängigen Muslimstaates – Pakistan – vor, der bei den Hindus auf großen Widerstand stieß.
1939 begann der 2. Weltkrieg. Der indische Vizekönig Victor Alexander John Hope erklärte im Namen Indiens Deutschland den Krieg, allerdings nicht in Absprache mit indischen Politikern. Aus Protest traten einige Provinzialregierungen zurück und forderten Selbstverwaltung als Lohn für die unfreiwillige Kriegsteilnahme. Großbritannien blieb stur, erhielt dazu Unterstützung der Muslim-Liga sowie einzelner Fürstentümer. Der zivile Ungehorsam trat erneut in Erscheinung und hatte zur Folge, dass die Regierung im Jahre 1942 – ein historisches Jahr – mit dem indischen Nationalkongress über eine totale Unabhängigkeit des Landes nach dem Krieg und eine Übergangsregierung verhandelte. Letztlich aufgrund verschiedener Diskrepanzen erfolglos.
Im Sommer des selben Jahres nahm der gewaltlose Widerstand ein noch größeres Ausmaß an. Die Führer des Nationalkongresses Mahatma Gandhi und Jawaharlal Nehru wurden ein weiteres Mal verhaftet, der Kongress gar gänzlich verboten. 1944 wurde Gandhi freigelassen und suchte den Dialog mit Jinnah. Dieser erwies sich als erfolglos, da seitens Jinnah die Festlegung pakistanischer Grenzen Hauptthema war und nicht wie von Gandhi gewünscht die Schaffung einer Übergangsregierung.
1945 nach der Freilassung Nehrus kamen weitere Verhandlungen ins Stocken. 1946 rief Vizekönig Archibald Wavell eine Notstandsregierung ins Leben, nachdem die Unruhen im Lande sich wieder verstärkten. Diese Regierung unter der Führung Nehrus wurde später durch das Mitwirken der Muslim-Liga ergänzt, was aber bei weiten nicht die hindu-muslimischen Spannungen abzubauen vermochte.
Die politische Lage Indiens Ende 1946 kam einer Anarchie gleich. Der damalige britische Premierminister Attlee gab bekannt, dass sich Großbritannien bis zum 30. Juni 1948 aus Indien zurückziehen würde, unabhängig von einer Einigung über eine Verfassung zwischen indischen Parteien. 1947 riet der neue und letzte Vizekönig Lord Mountbatten der britischen Regierung die Nation zu teilen, um einen religiösen Super-Gau zu verhindern.
Am 15. August 1947 schließlich wurde der „Indian Independence Act“ verabschiedet und die unabhängigen Staaten Pakistan und Indien geschaffen. Der Anfang einer bis heute andauernden Rivalität – sinnlos und doch kompliziert.
Und die Führer beider Staaten? Gandhi wurde am 30. Januar 1948 auf dem Weg zu einer Gebetsversammlung von Nathuram Godse, einem Hindu-Fanatiker, erschossen. Jinnah starb am 11. September 1948 an Tuberkulose.
Foto: Von Autor unbekannt – http://www.corbisimages.com/images/Corbis-HU026583.jpg?size=67&uid=f3ee0b3c-6f4c-489f-8ab2-f16e4079f4da, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=184297
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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