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Altindische Epen: das Ramayana

(von Selina Nayyar) Das Ramayana ist neben dem Mahâbhârata eines der größten indischen Epen. Es erzählt die Geschichte vom Marsch (ayana) des Gottes Rama. Rama ist die siebte Inkarnation von Gott Vishnu, dem Welterhalter. Er kam im Treta- Yuga, schätzungsweise vor ungefähr 7000 Jahren, auf die Erde um in menschlicher Gestalt den zehn-köpfigen Dämonen Ravana zu töten. Diesem hatten Shiva und Brahma als Dank für seine frühere Buße Unsterblichkeit versprochen. Doch nur ein Gott in Menschengestalt konnte ihn vernichten und so stieg Vishnu in der Gestalt Ramas zur Erde hinab. 

Die Geschichte Ramas

König Dasaratha, Ramas irdischer Vater, der in Ayodhya lebte, hatte keine Söhne und so war sein Erbe in Gefahr. Aus diesem Grund bat er einen Weisen zu sich, der ein überirdisches Wesen aus einem heiligen Feuer erscheinen ließ. Das Wesen trug einen Teller mit Reis bei sich. Der König sollte diesen Reis unter seinen Ehefrauen verteilen und Söhne würden ihm geboren. Die drei Ehefrauen des König Dasaratha bekamen vier Söhne. Kausalya gebar Rama, Kaikeyi gebar Bharata und Sumithra schenkte dem König die Zwillingsbrüder Lakshmana und Shathrughna. 
Nachdem Rama die Königstochter Sita geheiratet hatte, beschloss sein Vater ihn zu seinem Nachfolger zu machen. Kurz vor der Krönung erinnerte ihn Kaikeyi daran, dass er ihr noch zwei Gefallen schuldete. Sie bat Dasaratha Rama für 14 Jahre in den Wald zu verbannen und ihren Sohn Bharata zum Thronfolger zu ernennen. Obwohl der König entsetzt über den Wunsch seiner zweiten Frau war, konnte er doch sein Versprechen nicht brechen und willigte ein, Rama zu verbannen. 
Bharata, der seinen Bruder Rama sehr liebte, bat ihn das Königreich nicht zu verlassen. Doch Rama sah es als seine Pflicht an die Entscheidung seines Vaters zu akzeptieren und ging zusammen mit seiner Frau Sita und Lakshmana in den Wald. König Dasaratha konnte den Verlust seines Sohnes nicht ertragen und starb kurze Zeit darauf. Obwohl nun Bharata das Reich regierte, verzichtete er auf den Königstitel und hielt stattdessen den Thron 14 Jahre lang für Rama frei. 
Im Wald trafen Rama, Sita und Lakshmana auf die Dämonin Surpanakha, die sich in Rama verliebte. Doch er ließ sich nicht auf sie ein und als die eifersüchtige Dämonin versuchte Sita zu verschlingen, schlug ihr Lakshmana Ohren und Nase ab. Sie floh daraufhin zu ihrem Bruder Ravana, dem Herrscher über die Insel (Sri) Lanka. Als Surpankha ihm von der Schönheit Sitas erzählte, beschloss er, Ramas Frau zu sich zu holen. Er verwandelte sich in einen Wanderheiligen und zog durch den Wald. Durch eine List gelang es ihm Sita zu rauben und nach Lanka zu bringen. 
Um Sita zu finden, baten Rama und Lakshmana den Affenkönig Hanuman (s. Bild links) um die Hilfe. Hanuman, der die Fähigkeit besitzt seine Gestalt zu vergrößern und zu verkleinern, ging mit einem riesigen Schritt nach Lanka. Dort fand er Sita in dem Garten der Dämonen. Sie erkannte Ramas Ring, den er bei sich trug und vertraute ihm. Doch Hanuman gelangte in die Gewalt Ravanas der den Schwanz des Affengottes anzünden ließ. Hanuman konnte entfliehen und setzte die ganze Insel in Flammen. 
Nachdem Hanuman Rama informiert hatte, wo genau sich Sita befand, bauten er und seine Armee von Affen eine Brücke über den Ozean nach Lanka. Rama und Lakshmana gingen über die Brücke und bekämpften auf der Insel die Dämonen, bis es Rama schließlich gelang Ravana mit einem Pfeil zu töten.
Da Rama nach der Rückkehr seiner Frau an ihrer Unschuld zweifelte, ließ er sie durch ein Feuer gehen. Gott Agni hatte Mitleid mit Sita und ließ sie unverletzt. Doch Rama war weiterhin misstrauisch und schickte sie schließlich von sich. Sita ging in den Wald und fand schließlich Zuflucht im Ashram des weisen Valmiki, dem sie ihre Geschichte erzählte. Dort gebar sie auch die Zwillingsbrüder Lava und Kusa, die erst als junge Männer mit ihrem Vater dem Gott Rama zusammentrafen. Als Rama seine Frau zurückholen wollte, weigerte sie sich mit ihm zu kommen und verschwand in der Erde. 

Valmiki

Der Legende nach war Valmiki ein einfacher Räuber, der nicht einmal einen Namen besaß. Er wurde kriminell um seine Frau und seine drei Kinder zu ernähren. Als er eines Tages den Einsiedler Devarishi Narada überfiel wurde ihm klar, dass die Art und Weise wie er sein Leben führte, unrecht war. Er bat Narada um Vergebung und dieser führte ihn daraufhin in die Gottesverehrung ein. Er meditierte mehrere tausend Jahre lang und war mittlerweile völlig von einem Ameisenhaufen (valmika) bedeckt ( daher der Name Valmiki), bis er schließlich die Wahrheit über das rechte Leben erkannte und das Ramayana, also das Leben Ramas niederschrieb. 

Das Buch

Das Ramayana wurde ungefähr im fünften Jahrhundert v. Chr. von Valmiki verfasst. Es gehört ebenso wie das Mahâbhârata zu den Smriti-Werken, also Geschichten, die erst viele Jahre nachdem sie stattgefunden haben, aufgeschrieben wurden.
Das Ramayana enthält 24, 000 Verse, sogenannte Slokas, die auf Sanskrit geschrieben sind. Diese slokas gliedern sich in verschiedene Kapitel, die sargas, die in sechs Bücher, Kandas zusammengefasst sind:
1. Bala Kanda- Buch der Kindheit
2. Ayodhya Kanda – Buch von Ayodhya
3. Aranya Kanda – Buch des Waldes
4. Kishkindha Kanda- Buch über das Reich der heiligen Affen
5. Sundara Kanda- Buch der Schönheit
6. Yuddha Kanda- Buch des Krieges
Es gibt allerdings noch ein siebtes Buch, von dem Historiker aber vermuten, dass es ebenso wie Buch Eins erst später hinzugefügt wurde und nicht aus der Zeit des Valmiki stammt. Denn in diesen beiden Büchern wird Rama, anders als in den anderen Büchern verstärkt als Inkarnation Vishnus dargestellt. Parallelen zu griechischen Mythen lassen vermuten, dass die zwei Bücher aus dem zweiten Jahrhundert v.Chr. stammen. 

Andere Versionen des Ramayana

Die drei bekanntesten Versionen des Ramayana stammen von Valmiki, dem Originalautor in Sanskrit, Kavicakravarti Kamban dem Autor der tamilischen Version aus dem 9. Jahrhundert n.Chr. und von Goswami Tulsidas in Avadhi, dem alten Hindi aus dem 16. Jahrhundert n.Chr. 
Außerdem gibt es das Ramayana auch noch in Malayalam und Bengali.
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