(bc) Mit der „Art SensAsian“ präsentiert das Team von Munichmasala, das bisher überwiegend durch die bereits seit sieben Jahren stattfindende gleichnamige Partyreihe bekannt wurde, ein ehrgeiziges Projekt, das in erster Linie von und für die zweite Generation in Deutschland lebender Südasiaten gemacht ist. Zahlreiche Nachwuchskünstler, aber auch „alte Hasen“ präsentieren dabei ihr Portfolio aus vielen Bereichen, so etwa Musik, Kunst, Tanz, Comedy. Einer dieser „alten Hasen“ und zugleich Mitveranstalter ist Roman Chowdhury, seines Zeichens Musiker (spielte schon mit den Weather Girls) und DJ alias Inspector Bang, der uns mehr über das am 1.10.2006 stattfindende Projekt verrät.
Roman, Du bist Mitinitiator von „The Art SensAsian Project“ am 1.10. in München. Beschreib uns das Projekt doch ganz kurz! Was werden wir zu sehen bekommen?
Wir wollen an diesem Tag Künstlern mit südasiatischer Familiengeschichte und vorwiegend Wurzeln in Deutschland mittels einer Ausstellung und zahlreicher Film- und Bühnenvorführungen eine Plattform bieten, sich einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Es sollen kreative und eigenständige Arbeiten aus den Genres Musik, Theater, Fotografie, Film, Multimedia/Design, Literatur, Tanz, Bildende Kunst und Comedy gezeigt werden. Ziel ist es herauszufinden, ob bzw. inwieweit sich der interkulturelle Hintergrund im künstlerischen Schaffen der Mitwirkenden niederschlägt, welches (Selbst)-Verständnis sich für den einzelnen aus der jeweils entwickelten Identität ergibt und ob dieses gegebenenfalls künstlerisch verarbeitet wird.
Man kennt dich und deine Truppe als Organisator und Plattenaufleger auf den Munichmasala Parties, die es ja schon seit über sechs Jahren gibt. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, ein künstlerisches Projekt wie ASA auf die Beine zu stellen?
Munich Masala gibt es inzwischen sogar schon seit über 7 Jahren. „The ArtSensAsian Project“ (ASA) schlummert schon seit langer, langer Zeit in diversen Köpfen – auch in meinem, nur ließ es sich aus verschiedenen Gründen nicht so einfach umsetzen. Einer davon ist der Faktor Zeit. Er diktiert nicht nur, dass der Tag aus 24 Stunden besteht, sondern auch, dass sich Dinge entwickeln müssen. Es hat nämlich durchaus einer gewissen Zeit bedurft, die „New GenerAsian“ in Deutschland zusammenwachsen zu lassen – das ging nicht von heute auf morgen. Wie das noch vor wenigen Jahren hierzulande ausgesehen hat, mag vielleicht manchem in Erinnerung sein. Die Veränderungen kamen eigentlich erst mit der Vernetzung durch das Internet – z.B. auch durch Euch! – und durch diverse Asian Parties, von denen man hauptsächlich über das Netz erfuhr. Sie schossen vor ein paar Jahren mit einem Mal überall im Lande wie Pilze aus dem Boden.
Solche Parties waren also ein wichtiger Katalysator.
Ja! Es ist irgendwie merkwürdig, aber diese Parties haben viel zur Vernetzung und damit auch zum „self-empowerment“ der Asians in Deutschland beigetragen. Nicht nur, dass man einfach mehr voneinander erfuhr und sich weniger isoliert vorkam, man war darüber hinaus auch noch cool! Bollywoodeuphorie, Panjabi MC und dergleichen haben dieser Entwicklung einen noch angenehmeren Weg bereitet. Das macht nicht nur gute Stimmung, sondern ist eigentlich zugleich auch erst der Nährboden, eine derartige Veranstaltung auf entsprechendem Niveau durchführen zu können.
Trotzdem hat ASA ein wenig Zeit gebraucht…
Wie Du ja weißt, bin ich eigentlich Musiker von Beruf und weniger DJ. Das würde ich eher unter der Kategorie Hobby einordnen. Es haben sicher auch lange Zeit MitstreiterInnen gefehlt, eine derartig aufwändige Aktion durchzuführen. Mit Bidi, Kavi, Sandra und Sharon hat sich das glücklicherweise geändert. Hinzu kommt, dass wir mehrheitlich selbst aus künstlerischen Berufen kommen und wir so gesehen vom Fach sind. Das hilft sehr.
Auf der ASA Seite finden sich viele, wenn nicht sogar ausschließlich bekannte Gesichter der zweiten Desi-Generation wieder. War das so beabsichtigt? Was war der Grund dafür, findet die Jugend nicht ausreichend Gehör?
Wir sind natürlich bestrebt, ein gewisses Niveau zu garantieren. Hierbei sind wir zwangsweise zunächst auf uns bereits bekannte Gesichter gestoßen. Parallel dazu hatten wir allerdings auch, hauptsächlich per Internet, vor gut einem Jahr allgemein dazu aufgerufen, uns Beiträge zuzusenden. Denn Idee und Konzept des Events war und ist, nicht nur bereits etablierten Künstlern ein Forum zu bieten, sondern selbstverständlich auch dem Nachwuchs. Da ist jedoch ehrlich gesagt nicht so viel gekommen. Ich könnte mir vorstellen, dass ASA vielleicht in den kommenden Jahren, so es denn „follow ups“ geben sollte, dahingehend sein Gesicht ändern wird. Möglicherweise werden mehr und mehr Leute aus diversen Ecken hervorkommen und den Mut finden sich zu Wort zu melden – hoffentlich „angefixt“ von der jetzigen Veranstaltung – und sagen „hey, ich bin auch hier und ich male ganz tolle Bilder“ oder „ich habe da eine ziemlich geile Band mit Distortion Sitar und einem Drummer, der echt krasses Zeug auf der Chapatipfanne seiner Mama klöppelt“ oder einfach „ich habe da ein paar schöne Gedichte, die mir am Herzen liegen und die ich gerne einmal öffentlich vortragen würde…“
Mit Santhukan und D’Lo – um einfach mal zwei herauszupicken – sehen wir die vielleicht ersten amerikanisch-südasiatisch bzw. deutsch-indischen Comedians überhaupt auf der Bühne unserer Bundesrepublik. Wollt Ihr mit Innovation Zeichen setzen?
Comedy ist eine sehr direkte Ausdrucksform und der Humor transportiert bisweilen mit einer gewissen Leichtigkeit oft sehr schwierige, zum Teil sogar schmerzhafte Themen wie Identität, das ab-und an ambivalente Verhältnis zu den Eltern oder Sexualität direkt und ohne Umschweife in die Magengrube der Zuschauer. Nachdem es hierzulande, besonders im Rheinland und in Hessen, eine sehr ausgeprägte Comedy-Landschaft gibt, dachten wir uns ganz naiv, dass es da doch bestimmt auch vielleicht jemanden mit südasiatischen Wurzeln geben könnte. Ich bin immer noch überzeugt davon, dass es diese Leute gibt. Die trauen sich bloß noch nicht so recht, habe ich den Eindruck. (lacht) D’lo (srilankan-northamerican) ist in Nordamerika in der südasiatischen Diaspora inzwischen eine regelrechte Koriphäe in Sachen „Desi Comedy“. Ihre Parodie auf die eigene Mutter beispielsweise ist unvergleichlich. Wir wollten sie in jedem Fall dabei haben. Man kann nur hoffen, dass ihr Auftritt bei uns den einen oder anderen „Asian Spaßvogel“ hierzulande aus dem Kämmerchen locken wird.
Solche Vögel gibt es sicher jede Menge (lacht). Ich weiß, als Veranstalter möchtest du natürlich ungern einzelne Künstler hervorheben, aber auf welche Jungs und Mädels freust du dich besonders bzw. bist stolz sie in eurem Portfolio präsentieren zu dürfen?
Du sagst es bereits. Es fällt mir schwer, einzelne Personen hervor zu heben. Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, wer da im Laufe unserer Recherchen so alles zum Vorschein gekommen ist. Für mich ist es schön zu wissen, dass sich etwas getan hat in den vergangenen Jahren und so ein Projekt überhaupt möglich ist. Ich persönlich freue mich besonders darauf, Entwicklungen bei Personen zu sehen, die mir seit längerer Zeit nahe stehen. Besonders interessant stelle ich mir außerdem vor, hoffentlich mit dem künstlerisch verarbeiteten Resultat allgemeiner gesellschaftspolitischer Prozesse konfrontiert zu werden. Ich bin in diesem Zusammenhang sehr auf unsere öffentliche Diskussion „über Sinn und Zweck von derlei Veranstaltungen“ gespannt. Da werden gewiss recht unterschiedliche Sichtweisen aufeinander prallen. Der Plan war nämlich aufzuzeigen, dass wir trotz so mancher Ähnlichkeiten in den Familiengeschichten auch alle einzigartig sind und sich jeder von uns seinen individuellen Zugang zum „eigenen Desi“ erschlossen hat.
Wie kann man Euch unterstützen?
Bitte kommt alle recht zahlreich nach München (das Oktoberfest gibt es ja auch zu dieser Zeit…) und erzählt möglichst vielen von „The Art SensAsian Project“, auch Euren nicht-asiatischen Freunden natürlich! Hier die Internetseite zur Veranstaltung, auf welchen Ihr mehr Infos wie Künstler und Interviews finden könnt: www.asa.munichmasala.de. Schaut mal rein, es lohnt sich… Es gibt auch noch ein paar günstige Plätze in einem Shuttle Bus, der am 30. September 2006 von Bremen über Köln und Frankfurt nach München und am 2. Oktober wieder zurück fährt.
Wir drücken euch die Daumen und wünschen gutes Gelingen!
Danke!