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Do., 2. Januar, 2025
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Dalits – die Unberührbaren

Die Bevölkerungsgruppe der Dalits gehört zur untersten Gesellschaftsschicht in Indien. Ihre Behandlung ist bisweilen schockierend und unvorstellbar. Ein Bericht von Julia T. Scho.


„At around 1:30 or 2:00 p.m., they threw tear gas next door. We heard the explosion and saw smoke, and I (Milind, 19 years old) went outside. I stood outside, and they threw tear gas on me. I was only wearing a towel. I fell down. My legs were burning, and blood was coming out. My underwear and towel crumbled to the floor. My mother started screaming, „My son is dying, my son is dying.“ A police officer told her, „Get in the house or I will shoot you.“
Dieses schockierende Zitat stammt aus dem Human Rights Watch Bericht „Broken People – Caste Violence Against India’s „Untouchables“ von 1999 und schildert die Vorkommnisse während eines Zwischenfalls in Bombay im Jahre 1997, den so genannten „Ramabai Killings“. Bei diesem Zwischenfall eröffnete die Polizei das Feuer auf eine Ansammlung von Dalits, die gegen die Zerstörung der Statue von Dr. B. R. Ambedkar, einer Symbolfigur der Dalits, demonstrierten. Dabei wurden zehn Menschen getötet und 26 verletzt.
Das Martyrium des Tränengas-Opfers Milind war noch nicht vorbei. Nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus wurde er von der Polizei verhört:
„Along with his parents, Milind arrived at the station at 6:00 p.m.; as of 11:30 p.m. he had not eaten and was told that he would not be fed. I asked for water, and they said, „Drink your urine.“

Leider ist diese unwürdevolle Behandlung von Dalits, einer indischen Bevölkerungsgruppe, die aus dem Kastensystem ausgeschlossen ist oder auf der untersten Stufe des Systems steht, keine Seltenheit. Der Begriff „Dalit“ bedeutet soviel wie „zerbrochen“, „zerrissen“ oder „vertrieben“. Sie sind die Nachfahren der indischen Ureinwohner und werden oft auch als „Unberührbare“ bezeichnet. Da sie meist außerhalb des Kastensystems stehen, werden sie als unrein angesehen und von den anderen Kasten diskriminiert. Sie dürfen weder von anderen Kasten berührt werden, noch selbst Mitglieder anderer Kasten berühren. Doch bleibt es oft nicht bei dieser Art von Diskriminierung.

Die Gruppe der Dalits, die mit 240 Millionen Menschen fast ein Viertel der indischen Bevölkerung ausmacht, gehört zur ärmsten Bevölkerungsgruppe des Landes und darf oft nicht einmal ein Stück Land ihr eigen nennen. Dalits leben gerade im ländlichen Bereich außerhalb der dörflichen Gemeinschaft. Darüber hinaus verfügen sie kaum über eine vernünftige Bildung und üben die schwersten und entwürdigensten Arbeiten aus, wie die Reinigung von Latrinen oder Beseitigung von Tierkadavern.

Neben schlechten Lebensbedingungen, Armut und einem Leben außerhalb der restlichen Gesellschaft, werden Dalits oft Opfer von Gewalt. Und obwohl die „Unberührbarkeit“ nach Artikel 17 der indischen Bundesverfassung abgeschafft wurde und auch das Kastensystem offiziell schon lange nicht mehr besteht, scheint es doch in vielen Köpfen noch immer fest verankert zu sein.

So werden Dalit-Frauen zur Prostitution gezwungen oder vergewaltigt. In dem Human Rights Watch Bericht wird von einem zwölf Jahre alten Mädchen berichtet, das von einem 21-Jährigen vergewaltigt wurde. Eine erfolgreiche Aufklärung ihres Falles gab es nicht, da der Beschuldigte die Polizei bestach. Auch dies ist leider kein Einzelfall. Die Polizei, die zumeist aus Angehörigen höherer Kasten besteht, stellt sich oft als korrupt heraus und neigt zu Machtmissbrauch. Geraten Dalits in Not, wird ihnen Hilfe verwehrt und mit äußerster Gewalt begegnet, wie der eingangs geschilderte Zwischenfall zeigt.

 Neben Polizeiwillkür, Morden und körperlicher Gewalt gegenüber Dalits kommt es auch im Alltag zu Demütigungen und Benachteiligungen. So haben Dalits oftmals keinen Zugang zu den dörflichen Brunnen, bekommen in Lokalen ihr eigenes Geschirr und müssen es sogar selber reinigen. Obwohl die meisten Dalits Hindus sind, erhalten sie keinen Zutritt zu Tempeln, bekommen keine fairen Löhne oder werden bei Wahlen an der Stimmabgabe gehindert. Noch schockierender sind allerdings die Grausamkeiten, die ihnen von anderen Kasten angetan werden. So werden Dalits in manchen Fällen dazu gezwungen ungenießbare Substanzen, wie etwa menschliche Exkremente, zu essen.

All dies erscheint unglaublich und geschieht nur, weil ein Mensch in die „falsche“ Kaste beziehungsweise in gar keine Kaste geboren wurde. Ambedkar, ein wichtiger Sprecher der Dalits, sprach im Zusammenhang mit den „Unberührbaren“ gar von einer „versteckten Apartheid“. Die indische Regierung habe zu wenig getan um die Lage der Dalits zu ändern. Auch wenn Dalits inzwischen Regierungsämter bekleiden und sich weltweit Menschen wie die „Dalit Solidarität in Deutschland“ (www.dalit.de) für sie einsetzen, ist es noch ein weiter Weg bis zur Anerkennung dieser Menschen in Indien. So stellte Ambedkar fest, dass „die völlige Emanzipation für uns ein ferner Traum bleibt“.

Wer mehr über die Dalits und ihre Unterdrückung erfahren möchte, findet den lesenswerten Human Rights Watch Bericht „Broken People – Caste Violence Against India’s „Untouchables“ von 1999 unter http://www.hrw.org/reports/1999/india.

Quellenangaben:

http://www.oekonet.de/kommune/kommune 10-00/-zzdalis.htm
http://www.dalit.de
http://www.hrw.org/reports/1999/india
http://en.wikipedia.org/wiki/Dalit

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