(bc) Indische Schauspieler sind in Deutschland selten und Exoten. In Indien ist das nicht anders: Die Detmolderin Suzanne Bernert hat damals den Schritt gewagt und ging nach Bollywood. Sie ist als Deutsche noch heute zweifelsohne eine Exotin, doch sie hat Erfolg. Nicht zuletzt durch ihre ausgezeichneten Hindikenntnisse ist sie in zahlreichen Shows und Filmen aktiv und drehte sogar einen Werbespot mit Aamir Khan. Grund genug, um uns mit der Schauspielerin und Tänzerin zu unterhalten, die in Mumbai mit ihrem indischen Mann Akhil Mishra ein neues Zuhause gefunden hat.
Frau Bernert, die Presse berichtete über Sie im Stile von „Von Lindenberg nach Bollywood“. Erzählen Sie uns doch mal, wie Sie 2005 dazu gekommen sind in Indien aktiv zu werden.
Nach der Schauspielausbildung in Berlin bei Heidelotte Diehl hatte ich mein Theaterdebüt in Neu-Ulm („3 Mal Leben“, Yasmina Reza). Irgendwann machte ich Urlaub in Dubai und las eine Anzeige im Internet für ein Bollywoodcasting. Danach gab es ein Treffen mit dem Produzenten Ajay Sinha, der mir ein Angebot für eine Rolle in „Kasauti Zindagi Kai“ machte, eine der berühmtesten Soaps im Jahre 2005.
Sie sprechen indische Sprachen, wo haben Sie das gelernt und wie klappt das damit im Alltag und im Beruf?
Ich spreche die Hauptlandessprache Hindi und lerne im Moment Marathi. Marathi trat durch eine Reality Tanzshow für ETV Marathi in mein Leben. Dort schaffte ich es als erste Ausländerin bis ins Halbfinale. „Dholkichya Talavar“ basiert nur auf der traditionellen Tanzform Lavani (Anm. d. Red.: Volkstanz aus Maharashtra), die ich zum ersten Mal 2008 in einem Film getanzt hatte. Nur diesmal dann in sieben Tagen zwei Tänze in einer mir damals total fremden Sprache und Tanzform! Videos gibt es davon noch auf Youtube. In der Jury saßen Berühmtheiten wie die Miss India 2006 Amrutha Pathki, Lavani Queen Surekha Tai Punekar und der Schriftsteller Vishwas Patil. Das große Finale steht dann noch im April an.
Hindi habe ich 2005 für drei Monate, 3-4 Stunden am Tag bei einem Lehrer gelernt, danach durch Filmrollen. Marathi lerne ich eher durch die Lieder und den Kontakt mit Menschen, da ich zu zahlreichen Events als Stargast eingeladen werde.
Wie und wo leben Sie in Indien, es muss doch sicher eine große Umstellung gewesen sein, von Deutschland nach Indien überzusiedeln? Wie steht Ihre Familie dazu, dass Sie jetzt in Indien Ihr neues Zuhause gefunden haben?
Ich habe meinen Mann, Akhil Mishra, durch die Arbeit kennen und lieben gelernt und wir haben unsere eigene Wohnung in Mumbai. Meine Familie ist wahnsinnig stolz und glücklich, dass ich mir meinen Lebenstraum Schauspielerin zu sein hier erfüllen kann. Meine Eltern waren letztes Jahr im September hier. Unsere beiden Familien kommen sehr gut miteinander klar.
Auf Channel Zee konnte man Sie in der Show „Sansar Laxmi“ sehen, worum geht es dabei?
Das Schöne an der Show und den Rollen war, dass alle Menschen waren. Kein schwarz-weiss, sondern viel grau. Mein Charakter war aufgrund Vorbelastung durch die Familie „gegen die Ehe“. Er ging dann durch viele Auseinandersetzungen und bevor die Person sich entscheiden konnte zu heiraten, erfährt sie, dass sie Krebs hat. Das führte dann zu Szenen, in denen sie allen nur ihre böse Seite zeigte, einschließlich ihrem Mann, den sie eigentlich liebt. Erst nachdem sie dann aus dem Haus geworfen wurde, fand das Publikum heraus, dass es wegen Krebs war und sie nicht wollte, dass ihr Liebster ihr beim Sterben zusieht. Das alles wurde in einem riesigem Studio hier in Mumbai gedreht und ich habe bis heute noch Kontakt mit meinen Schauspielerkollegen. Wir waren wie eine richtige Familie. Das hat man nicht in jeder Show!
Stichwort „Love Recipe“, ihr Film, der jetzt in die Kinos kommt. Was ist Ihre Rolle und welche Erwartungen haben Sie? Welche Resonanz der Öffentlichkeit und der indischen Medien verspüren Sie?
Der Film ist meine erste Komödie, Theater mal ausgeschlossen. Ich spiele eine Italienerin, die gut Hindi spricht und mit einem Inder verheiratet ist. Es handelt sich um eine Verwechslungskomödie, mit der ich das Publikum zum Lachen bringen möchte. Der Film soll in erster Linie Spaß machen! Im Moment werden die ersten PR-Gags gestreut, einer ist „Was ist Boodoo Boodoo!“ (Videos: „Love Recipe – the movie“ auf Facebook).
Poster zu „Love Recipe“. Mittendrin statt nur dabei: Suzanne Bernert.
Es ist interessant, dass Sie einen Werbespot der Marke „Titan“ mit dem Superstar Aamir Khan gedreht haben, wie haben Sie den Dreh mit ihm erlebt?
Aamir ist ein Schauspieler durch und durch. Er liebt es mit jemanden zu arbeiten, der weiss, was zu tun ist. Zwischen uns stimmte die Chemie sofort, die für die Szene gebraucht wurde.
Mein Mann hat auch mit ihm in „3 Idiots“ gedreht, die berühmte Rede, Sie wissen schon (grisnt). Da lagen dann schon zwei Jahre dazwischen, als ich ihm am Set traf. Er wusste noch immer, wer ich bin. Das war eine große Überraschung für mich.
Wer sind Ihrer Meinung nach die größten Superstars in Indien?
Neben allen Khans sind es vor allem Amitabh Bachchan und Rajnikanth.
Sind Sie schon im Herzen Bollywoods aktiv bzw. würden Sie gerne mal in einem Film mit Shahrukh Khan oder Hrithik Roshan mitspielen?
Wo ist denn das Herz Bollywoods? Die hiesige Filmindustrie ist so groß und es gibt so viele Möglichkeiten in ebenso vielen Sprachen zu drehen. Das ist jedes Mal eine andere Welt, wenn man so will. Die Arbeit mit Aparna Sen für „Iti Mrinalini“ war etwa eine große Herausforderung, jene mit Anees Bazmee für „No Problem“ in Südafrika war eher merkwürdig. Für mich zählen die Rollen und der Regisseur. Wenn es danach klingt, dass die Rolle mich als Schauspieler und Mensch weiterbringt, dann bin ich dabei.
Shahrukh (SRK) war kürzlich in Berlin, „Don – The King is back“ lief in Deutschland im Kino. Wie wird die Bollywoodszene in Deutschland von der indischen Öffentlichkeit wahrgenommen?
Ich verfolge mit Erstaunen, dass SRK in Deutschland so immens erfolgreich ist. Deutschland ist von der Schauspielerei bis zur Umsetzung des Drehbuchs ja eher für minimalistische Geschichten bekannt. SRK ist da genau das Gegenteil. In Indien wurde in der Tat in den Zeitungen von seinem Erfolg in Deutschland bei der Berlinale berichtet.
Der indische Film ist in Deutschland derzeit sehr populär, woran liegt dieser Hype?
Hype… (überlegt), ich denke, dass das Farbenfrohe und Leichte gut ankommt beim Publikum. Wir haben hier in „Bollywood“ aber auch andere Filme, die nicht im deutschen Kino laufen.
Welche Projekte stehen bei Ihnen an, was ist Ihr Ziel für die Zukunft?
Als Nächstes stehen für mich einige Events auf dem Programm. Eines ist die Eröffnung des Goa Marathi Film Festivals im März. Dort werde ich mit drei Lavanis auftreten. Dann arbeiten mein Mann und ich an unserem eigenen Film. Die Castings laufen derzeit und werden uns sehr beschäftigen… Oh ja, und Gilda Losing D’Souza besucht mich zum vierten Mal um über mich und mein Leben in Indien zu drehen. Sie arbeitet seit 2010 an einer umfassenden Dokumentation.
Wie lauten Ihre Pläne, werden Sie auf kurz oder lang wieder nach Deutschland kommen?
Pläne gibt es, aber ich hatte ja auch nie geplant hierher zu kommen. Wer weiss, was in der Zukunft liegt (lacht)?
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