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Do, 21. November, 2024
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Ein bißchen Olympiabilanz für Indien

Diskuswerferin Krishna Poonia holte
keine Medaille, dafür aber Respekt.
Die Olympiade 2012 ist vorbei. Viele Medaillen sind es nicht, daher können wir es uns erlauben alle indischen Gewinnerinnen und Gewinner einzeln zu nennen. Sechs Medaillen klingen für das mitunter bevölkerungsreichste Land der Erde (China holte 87 Mal Edelmetall) zwar wenig. Historisch betrachtet war die diesjährige Olympiade in London für Indien jedoch die erfolgreichste. Wir werfen einen Blick auf die Gewinner und Verlierer der Spiele.

Im Bogenschießen hatte man sich Medaillen erhofft, doch sowohl Einzelsportler als auch Teams scheiterten. Für die Mannschaften der Männer wie Frauen war im Achtelfinale Feierabend, Hoffnungsträgerin Deepika Kumari unterlag der Britin Amy Oliver schon in der Runde der besten 64.
Die Leichtathletik ist traditionell nicht des Inders Sache. Die Leistung von Irfan Kolothum Thodi im 20 km Gehen finden wir jedoch beachtlich: er stellte mit 1:20:21 einen neuen nationalen Rekord auf und wurde bei Olympia immerhin Zehnter. Besondere Erwähnung finden Indiens Diskuswerfer: bei den Herren belegte Vikas Gowda mit 64,79 Metern den 8. Platz, Krishna Poonia wurde bei den Damen mit 63,62 Metern Siebte. Doch was war mit Keralas Stolz Tintu Luka los? Hochgelobt als Schülerin der berühmten P.T. Usha, schaffte sie den Sprung im 800 Meter Lauf ins Finale nicht. Mit ihren erst 23 Jahren dürfte dennoch Luft nach oben sein.
Licht und Schatten bestimmten das Badmintonturnier. Auch hier zeigte Indien, dass sie im Team nicht weit kamen, dafür im Einzel stark waren. Parupalli Kashyap drang bis ins Viertelfinale vor, die hübsche Saina Nehwal holte gar Bronze. Gegen die chinesische Weltranglistenerste Wang Xin konnte Saina jedoch am Ende nichts ausrichten. Trotzdem dürfte genau diese indische Medaille dem Sport auf dem Subkontinent einen Aufschub geben.
Indien und Boxen? Naja doch, erinnern wir uns an Vijender Singhs sensationelle Bronzemedaille 2008 in Beijing. Wir hatten ihm diesmal Gold zugetraut, ein Usbeke namens Abbos Atoev aber machte dem indischen Mittelgewicht im Viertelfinale einen Strich durch die Rechnung. Eine tolle Leistung legte das erst 20-jährige Fliegengewicht Devendro Singh hin. Auch er wurde erst im Viertelfinale von Paddy Barnes aus Irland geschlagen. Bei den Frauen lief es besser, die äußerst sympathische Mary Kom mit dem schönen Lächeln stammt wie viele Sportler aus Manipur und holte Bronze. Mary war damit zufrieden, obwohl sie mit sehr guten Chancen auch Gold hätte holen können. Es freut uns vielmehr zu hören, dass die Regierung von Manipur der Sportlerin nun ein besseres Leben schenkt: 50 Lakh und Landbesitz gibt es als Belohnung.
Im Hockey sprechen wir wohl lieber von Deutschland, dessen Herren nach 2008 nun erneut die olympische Goldmedaille holten. Chapeau, Jungs! Den Hut nehmen sollten besser die indischen Hockeyherren. Solch eine miese Vorstellung eines indischen Teams bei Olympia hat man noch nie gesehen! Nicht ein einziges Spiel konnte dieser Haufen Individualisten gewinnen: 6 Spiele, 6 Niederlagen, sogar das Spiel um Platz 11 und 12 gegen Südafrika ging mit 2:3 verloren. Coach Michael Nobbs fand zu Recht deftige Worte für seine Spieler, die jeglichen Teamgeist, Leidenschaft und Charisma vermissen ließen.
Ja, auch Schießen ist ein Sport. Man braucht nicht zu laufen, dafür ruhig stehen bzw. liegen und muss nur gut zielen. Dennoch oder gerade deswegen (autsch!) können sich Indiens Herren sehen lassen. Gagan Narang holte mit dem Luftgewehr bei 10 Metern Bronze. Sein Kollege Abhinav Bindra, der 2008 noch Gold gewann, versagte diesmal kläglich, er wollte gar nicht erst ins Finale. Joydeep Karmakar wurde mit dem Gewehr bei 50 Meter quasi liegend Vierter, Vijay Kumar holte im 25 Meter Schnellfeuern Silber.
Achtung, es gab sogar einen indischen Schwimmer! Abgesehen davon, dass er im 1500 Meter Freistil 31. wurde (von 31), dürfte zumindest sein Name der längste der Olympiade sein: Adaveeshaiah Puttaveeraswamy Gagan Ullalmath.
Das Tennisturnier war aus indischer Sicht enttäuschend. Weder die Legenden Bhupati noch Paes schafften mit ihren Partnern einen Doppelerfolg. Im Mixed warfen Leander Paes und Sania Mirza erst die sehr starken Serben Ivanovic/Zimonjic aus dem Turnier, um danach im Viertelfinale gegen die Weißrussen Azarenka/Mirnyi auszuscheiden. Schade eigentlich, aber Leander Paes wird sicher noch bis zum 80. Lebensjahr weitermachen…
Neben Schießen ist Indien im Ringen Weltklasse, mein Kollege Kristian Joshi schrieb dazu bereits einen Bericht. Toll gemacht: Sushil Kumar holte in der Kategorie 66 kg die Silbermedaille, Yogeshwar Dutt (60 kg) Bronze. Erwähnen wollen wir Jungspund Amit Kumar (55 kg), der Zehnter wurde. Bei den Frauen landete Geeta Phogat (55 kg) auf dem 13. Rang.
Alles in allem, danke für die schönen Momente mit 2x Silber und 4x Bronze, nahezu ideal anlässlich 65 Jahre Unabhängigkeit am 15. August 2012. Wir haben begriffen, dass die Legende von 8x Hockeygold für die aktuelle Generation wertlos ist und Teamsport bei Gandhis Nachfahren nicht funktioniert. Indiens Herrschaften der Sportförderung schlummerten in den letzten Jahrzehnten in ihren großen Sesseln und sind erst seit Beijing 2008 aufgewacht. Indiens Sportler: früher einfach nur dabei, heute selbstbewusste Medaillenanwärter. Wenn das so weiter geht, dürfte 2016 in Rio de Janeiro schon mehr zu erwarten sein, Freunde des Sports!
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Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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