Gewinner des 11. Indischen Filmfestivals Stuttgart. Foto: Frank von zur Gathen
STUTTGART – Das Drama „Siddharth“ ist am Sonntag zum Abschluss des 11. Indischen Filmfestivals Stuttgart im Metropol Kino in Stuttgart mit dem „German Star of India“ in der Kategorie Spielfilm ausgezeichnet worden. Der German Star of India in der Kategorie Kurzfilm geht an ‚Tamaash – The Puppet’ von den Brüdern Satyanshu und Devanshu Singh.
„Millions Can Walk“ von Christoph Schaub und Kamal Musale wurde mit dem German Star of India in der Kategorie Dokumentarfilm ausgezeichnet. Im Wettbewerb wurden Preise im Gesamtwert von 7.000 Euro vergeben. Mehr als 40 aktuelle Filmproduktionen aus ganz Indien standen nach einer Reduzierung des Budgets diesmal auf dem Programm von Europas größtem indischen Filmfestival. Nach Auskunft des Filmbüro Baden-Württemberg e. V. lag die Zahl der Festivalbesucher bei Filmen, Rahmenprogramm und ‚Indian Summer’ trotz Biergartenwetter und zahlreichen Großveranstaltungen bei etwa 5.000.
(c) Filmbüro Baden-Württemberg
Der große Gewinner des Festivals heißt ‚Siddharth’. Der mit 4.000 Euro dotierte German Star of India, der vom Hauptsponsor des Festivals, Honorarkonsul Andreas Lapp, gestiftet wird, ehrt einen Spielfilm, der ein sehr ernstes politisches Thema auf sehr poetische und humorvolle Weise erzählt. Der Spielfilm ‚Siddharth‘ hat die Jury durch seine ernste Thematik, die hervorragende Regie von Richie Mehta, das dichte Spiel der Darsteller Rajesh Tailang und Tannishtha Chatterjee und die schlüssige Dramaturgie überzeugt. Die Familie des Chain-Wallahs Mahendra, der auf der Straße kaputte Reißverschlüsse repariert, lebt von der Hand in den Mund. Und so kommt das Angebot eines Verwandten wie gerufen, dass Mahendras zwölfjähriger Sohn für vier Wochen in einer weit entfernten Fabrik arbeiten kann. Der Junge macht sich auf den Weg und kehrt nie wieder zurück. ‚Siddharth‘ handelt von der verzweifelten Suche eines vollkommen hilflosen Vaters nach seinem Sohn, von dem er noch nicht einmal ein Foto besitzt, das der Polizei bei ihren Ermittlungen helfen könnte. Entführte Kinder enden entweder in der Prostitution, im Organhandel oder als verkrüppelte Bettler im Dienste der Mafia. Mahendra macht sich auf eine vergebliche Suche und muss gemeinsam mit dem Zuschauer erfahren, was seinem Kind alles zugestoßen sein könnte. Der Film endet kompromisslos und realistisch. Der Junge wird nicht gefunden. Die Familie kann jetzt nur noch warten und hoffen.
Kurzfilmpreis an ‚Tamaash – The Puppet’
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Der mit 1.000 Euro dotierte Kurzfilmpreis geht an ‚Tamaash – The Puppet’. Regisseur Satyanshu Singh und sein Bruder Devanshu erzählten in ihrem preisgekrönten Werk die Geschichte des kleinen Jungen Anzar, der lernen muss, selbstbestimmt zu handeln und nicht anderen den Erfolg zu neiden. „Wir erleben die Welt von Kindern, in der große Themen wie Missgunst, Ehrlichkeit, Fleiß, Freundschaft und Familie angesprochen werden. Die Filmsprache ist stimmig und kompakt. Der Film aus der Bergwelt Kaschmirs vermag es, die regionale Kultur und Mystik universell auf der Leinwand zu erzählen“, begründet die Jury ihr Urteil. Inszenierung, schauspielerische Leistung, Bild und Ton folgten einer klaren Vision und, so die Jury weiter, treffen den Kern der märchenhaften Erzählung.
‚Millions Can Walk’ gewinnt in Kategorie Dokumentarfilm
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Die Dokumentation ‚Millions Can Walk’ des Schweizers Chistoph Schaub und Schweiz-Inders Kamal Musale über den Jan Satyagraha, dem Marsch für Gerechtigkeit, überzeugt die Jury mit seiner Thematik, seinem Umfang, dem Informationsreichtum und der Vielfältigkeit der Bilder. Es sei ein wichtiger Film in dokumentarisch ästhetischen Bildern über den gewaltfreien Protestmarsch unter gleißender Sonne von 100.000 landlosen Bauern und Ureinwohnern ins 400 km weit entfernte Delhi, um gemeinsam für eine Existenz in Würde zu kämpfen. Der Film berühre thematisch, demonstriere hautnah den immensen logistischen gemeinsam bewältigten Aufwand und vertiefte anschaulich die Einzelschicksale, die sehr offen über ihre Situation, ihre Motivation und Gefühle berichten und exemplarisch eine Stimmung vermitteln, die für die 100.000 Inder steht, die diesen Marsch auf sich genommen haben. Es sei ein ausgewogener Film, interessant und aufschlussreich für ein weit über Indien hinausgehenden globalen Konflikt der heutigen Zeit.
Director’s Vision Award an ‚Lakshmi’
Der Director’s Vision Award geht an ‚Lakshmi’ von Nagesh Kukunoor. Dieser Preis richtet sich an Regisseure, die in ihrem Filmbeitrag ambitioniert den Blick auf einen kulturellen, sozialen oder gesellschaftlichen Missstand richtet. ‚Lakshmi’ zeigt den mutigen Kampf einer jungen Frau gegen einen vorbestimmten Lebensweg.
‚Hot and spicy’
Das von den Medien als ‚hot and spicy’ gefeierte größte indische Filmfestival Europas begrüßte auf dem Roten Teppich neben zahlreichen Filmgästen aus Indien – darunter Richie Mehta, Amit Kumar, Mohan Agashe und die beiden Kuratorinnen Therese Hayes und Uma da Cunha – auch den Altkommunarden Rainer Langhans und die Autorin Jutta Winkelmann, die in Stuttgart noch vor dem bundesweiten Kinostart die Dokumentation ‚Good Luck Finding Yourself’ von Severin Winzenburg. Einen filmischen Themenschwerpunkt im Programm bildeten diesmal Kinderschicksale.
Das Rahmenprogramm punktete mit einem ausverkauften Schultag, einem Bildungsforum, das eine spannende und hochkarätige Diskussionsrunde bot, und den von der Robert Bosch Stiftung unterstützen Tea Talks, in denen Experten aktuelle indische Themen erörterten. Indische Tänzerinnen und Musiker auf dem Roten Teppich lockten an allen Festivaltagen zahlreiche Passanten an. Das Filmprogramm sei ein Spiegelbild der indischen Gesellschaft, sagte Honorarkonsul Andreas Lapp. Trotz spürbarer Etatkürzung habe das 11. Indische Filmfestival erneut an Qualität gewonnen sowie Besucher und Kritiker überzeugt, zieht Festivalleiter Oliver Mahn zufrieden Bilanz. Zum Vormerken: Das 12. Indische Filmfestival Stuttgart findet statt vom 15. bis 19. Juli 2015.
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