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Bettina Ehrhardt: 'Zubin Mehta hat die Gabe es allen Menschen leicht zu machen.'

(c) Filmbüro Baden-Württemberg
(tg) Bettina Ehrhardt ist seit über 20 Jahren erfolgreiche Dokumentarfilmerin, Produzentin und freie Autorin. Sie hat erfolgreich Dokumentarfilme und Reportagen für die großen Fernsehanstalten u.a. in Deutschland, in der Schweiz, in Frankreich und Kanada produziert. Einen ganz besonderen Dokumentarfilm über Zubin Mehta hatte sie zum 13. Indischen Filmfestival mitgebracht und hat dem Zuschauer mit dem Filmportrait ‚Zubin Mehta – Dirigent und Weltbürger’ den Chefdirigenten des Maggio Musicale Fiorentino und des Israel Philharmonic Orchestra für seine einmalige, warme und vom Publikum geliebte Art, die in seiner Musik zum Tragen kommt, gewürdigt. theinder.net hatte die Möglichkeit mit Bettina Ehrhardt zu sprechen und mit ihr hinter die Kulissen zu schauen.

(kj) Vielen Dank für Ihre Zeit. Erzählen Sie uns ein wenig zu Zubin Mehta und zu dem Hintergedanken zur Entstehung des Films.

(BE) Die Idee war es das Leben von Zubin Mehta aus der Jetzt-Zeit mit Rückblenden zu erzählen, d.h. an den Stellen an denen er hauptsächlich wirkt. Er ist Generalmusikdirektor bzw. Direktor auf Lebenszeit des Israel Philharmonic Orchestra und des Maggio Musicale Fiorentino (Anm.d.Red.: jährliches Opernfestival in Florenz) und er dirigiert regelmäßig in Deutschland. In München war er 8 Jahre Generalmusikdirektor der Münchener Staatsoper und da hatte er verschiedene Produktionen dieses Jahr. 
Wir haben mit einem Konzert der Staatskapelle Berlin begonnen. In der Berliner Staatsoper hat er mit seinem lebenslangen Freund Daniel Barenboim zusammen Schumann Klavierkonzerte aufgeführt und dann mit dem Staatskapellenorchester die erste Mahler. Und eigentlich hat die erste Mahler sein Leben begleitet wie natürlich auch viele andere große Sinfonien. Aber die erste Mahler spielte eine große Rolle und deswegen kommt diese Aufführung an verschiedenen Stellen des Films nochmal hervor. Dieser Film lebt auch ganz stark von den Menschen die Zubin Mehta nahe stehen und denen wir begegnen konnten.
(kj) Wohin und zu welchem Anlass haben Sie Zubin Mehta während den Dreharbeiten begleiten dürfen?
(BE) Er war in Indien auf Tour mit einem neu gegründeten relativ jungen Orchester – dem Australian World Orchestra. Das ist ein Festivalorchester, das sich aus vielen australischen Musikern zusammensetzt die auf der ganzen Welt verstreut leben und die dann zu speziellen Anlässen zusammenkommen. Und dieses Orchester war mit ihm auf Indien-Tournee: in Mumbai, seiner Heimatstadt, in Chennai und zum Schluss noch in Delhi. Und es war ein wunderbarer Moment mit ihm in Indien zu sein und dort seinen Freunden und seiner Parsi-Kultur zu begegnen. 
(kj) Musik verbindet bekanntermaßen Menschen und Völker. Zubin Mehta versteht es diese Verbindungen zu schaffen. Sie haben ihn während ihren Arbeiten mit ihm intensiv kennengelernt. Wie schafft er so etwas?
Eine Geschichte im Film ist, dass er die Idee hatte, mit Jose Carerras die 3 Tenöre zu erfinden. Das war eine kleine Idee von der niemand wusste. Zubin Mehta schildert das Ganze als sei es einfach gewesen, aber die Geschichten hinter den Kulissen lassen erahnen dass da eine Menge an Überredung und Überzeugung notwendig war. Aber schließlich hat es eingehauen wie eine Bombe, eine positive Bombe in den Caracalla Thermen nach der Fußball Weltmeisterschaft 1990 – er hat somit viele Menschen zur klassischen Musik gebracht hat die vorher klassische Musik nicht wirklich zur Kenntnis nahmen. 
Wir hatten das Glück mit der Begegnung mit den Menschen und an den Orten an denen Zubin Mehta dirigiert hatte etwas von seiner Person einzufangen. Er hat vor allem die Gabe es allen Menschen leicht zu machen inklusive uns, dem Filmteam.
(kj) Sie haben vorhin die Kultur der Parsen erwähnt die die Lehren des Zoroastrismus folgen. Auch Zubin Mehta gehört zu den Parsen. Sie hatten Zugang zu Zubin Mehta und auch zu seiner Kultur. Was hat Sie am Meisten hierüber fasziniert?
Die Parsi-Community ist sehr aufregend. Es ist eine Nebengeschichte, die der Film gar nicht erzählen kann, dass Zubin Mehtas Vater mit einem Stipendium der Tata-Foundation Ende der 40-er Jahre 5 Jahre in New York studieren durfte um Geiger zu werden. Da waren die Kinder schon auf der Welt und die Mutter lebte ein paar Jahre auch wirklich alleine in Indien wenn der Vater Geige studierte in New York und dann wiederkam und das Bombay Symphony Orchestra gründete. Es ist großartig, dass die Menschen die die Fähigkeit und die Mittel dazu haben das Leben anderer maßgeblich zu beeinflussen zum Guten hin das auch tun – das ist wunderbar! 
(kj) Sie sind eine erfahrene und gleichzeitig bekannte Dokumentarfilmerin. Wie macht man einen guten Dokumentarfilm und welchen Herausforderungen muss man sich stellen?
(BE) Das schöne meines Berufes als Dokumentarfilmerin ist es, Situationen zu schaffen in denen die Menschen vor der Kamera sich mit Leichtigkeit und Natürlichkeit bewegen und möglichst die Kamera und all das vergessen. Die Herausforderung ist es die Natürlichkeit hinzukriegen und so gut vorbereitet zu sein dass ich das Wesentliche einer Situation sofort erkenne und darauf reagieren kann. Und die Dinge so mit Leichtigkeit zu steuern, dass das was der Film möchte dann auch geschehen kann. Also je weniger man das mitkriegt, desto besser ist es. Denn solange ein Film nicht fertig ist, ist er nicht gut – denn wenn er gut wäre, wäre er ja fertig. Eine der Herausforderungen war die Frage was wir an den Anfang stellen, was ans Ende. Wir wollten Zubin Mehta erstmal als den Musiker zeigen der er ist und dann seine Lebensgeschichte einholen. 
(kj) Über wen würden Sie gerne noch einen Film drehen wollen?

Es gibt ein neues Projekt das noch nicht zugesagt ist vom Fernsehen aber mit demselben Redakteur mit dem ich hier diesen Film machen konnte interessiert sich dafür. Es ist ein Film über Arturo Toscanini der im nächsten Jahr seinen 150. Geburtstag hat. Er war ein italienischer Dirigent der so viele andere Dirigenten maßgeblich inspiriert und gleichzeitig eine spannende Lebensgeschichte hat. Er war auch ein politisch denkender Mensch. Über ihn würde ich sehr gerne einen Film machen.
(kj) Wie haben Sie das 13. Indische Filmfestival Stuttgart erlebt? Sind Sie das erste Mal hier?
(BE) Ja und ich freue mich sehr, dass ich mit diesem Film teilnehmen kann. Sonst habe ich zwei Filme gesehen die ich fantastisch finde. Das starke an beiden Filmen war, dass Indien auf eine vielschichtige Weise und gleichzeitig klar und poetisch und mit wunderbaren Bildern und mit sitzenden Dialogen gezeigt wird – das war unglaublich gut gemacht. Und man spürt, dass es viele Ebenen dieser Filme gibt. Es gibt Ebenen denen man horizontal folgen kann, eine spannende Filmgeschichte. Aber unter dem eröffnen sich viele Sinnzusammenhänge die bis in die Mythologie reichen. 
(kj) Haben Sie Pläne, dass der Film auch in Indien gezeigt wird?
(BE) Ich würde sehr gerne nach Indien zurückkehren und den Film über Zubin Mehta dort zeigen. Es gibt die Parsi-Community und die Kulturinstitute denen ich diesen Film auch gerne zeigen will. Ich muss dazu sagen, dass ich ein wunderbares indisches Team hatte. Wir hatten mit Dokumentarfilm-Mitteln auch Konzertdreharbeiten gemacht und das hat besonders viel Freude bereitet. Und mit diesen Menschen würde ich auch gerne weiterarbeiten. 
(kj) Dann freuen wir uns auf weitere spannende Filme und Dokumentarfilme und wünschen Ihnen alles Gute für Ihre weiteren Projekte.
(BE) Vielen Dank und danke dass wir uns hier zusammen unterhalten haben.
theinder.net mit Dokumentarfilmerin Bettina Ehrhardt
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