(cg/bc) Die All India Football Federation (AIFF) hat kürzlich den 55-jährigen Spanier Manolo Marquez zum neuen Cheftrainer der indischen Herren-Fußballnationalmannschaft ernannt. Marquez, der derzeit auch als Cheftrainer des Indian Super League (ISL) Teams FC Goa tätig ist, wird seine neue Rolle sofort übernehmen und bis zum Ende der Saison 2024-25 beide Positionen parallel ausfüllen. Ab der Saison 2025-26 wird Marquez die Position als hauptamtlicher Nationaltrainer übernehmen.
„Wir freuen uns sehr, Herrn Marquez in dieser wichtigen Rolle willkommen zu heißen und danken auch dem Verein FC Goa für seine Großzügigkeit, ihn für den Nationaldienst freizustellen“, sagte AIFF-Präsident Kalyan Chaubey.
Manolo Marquez ist seit 2020 in Indien aktiv und stand sowohl beim Hyderabad FC als auch beim FC Goa über 100 Spiele an der Seitenlinie. Mit Hyderabad gewann er 2022 den ISL-Titel, bevor er zur Saison 2023-24 zu FC Goa wechselte. Seine Erfahrung als Trainer in Spanien, darunter bei Las Palmas, sowie Engagements in Thailand und Kroatien während seiner über 20-jährigen Karriere, machen ihn zu einer erfahrenen Wahl für den Posten des Nationaltrainers.
„Es ist mir eine Ehre, der Nationaltrainer Indiens zu sein, eines Landes, das ich als mein zweites Zuhause betrachte“, sagte Marquez nach seiner Ernennung. „Ich bin dem FC Goa sehr dankbar, dass der Club mir die Flexibilität ermöglicht, der Nationalmannschaft in der kommenden Saison zu helfen, während ich weiterhin Cheftrainer des Vereins sein darf. Ich danke der AIFF für diese Gelegenheit und hoffe, dass wir Großes für den Fußball erreichen werden.“
Die indische Herren-Fußballnationalmannschaft war zuletzt führungslos, seit die AIFF im letzten Monat den Vertrag mit Igor Stimac gekündigt hatte, nachdem die „Blue Tigers“ sich nicht für die FIFA-Weltmeisterschaft 2026 qualifizieren konnten.
Arunava Chaudhuri (links im Bild mit Nationalmannschaftskapitän und Rekordspieler Sunil Chhetri), indischer Fußballexperte und Sportkommentator, früher selbst im Management des Mumbai FC tätig, bewertet die Entscheidung der AIFF und die Herausforderungen, die vor Marquez liegen, wie folgt:
„Für Manolo Marquez spricht sicherlich seine große Erfahrung, die er in den letzten vier Jahren in der Indian Super League gesammelt hat. Er kennt die indischen Spieler und die Gegebenheiten in Indien gut. Andererseits hat er noch nie eine Nationalmannschaft trainiert, was eine ganz andere Herausforderung darstellt als einen Verein zu trainieren. Das ist ein bedeutender Unterschied für mich.“
Neben Marquez waren auch Antonio Lopez, ehemaliger Trainer von Atletico de Kolkata und Mohun Bagan, sowie Sanjoy Sen, mehrfacher Meister der Indian Super League, im Gespräch. Diese drei galten als die Top-Kandidaten aus insgesamt 291 Bewerbungen.
Auf die Frage, was Vorgänger Igor Stimac falsch gemacht hat, erklärte Chaudhuri: „So hart es klingt, aber Stimac war einfach nicht gut genug. Indien hatte eine relativ einfache Gruppe in der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2026 und hätte es in die dritte Runde der Qualifikation schaffen müssen, nicht nur können. Mit Gegnern wie Kuwait und Afghanistan war das Ziel klar. Gegen Afghanistan holte Indien nur einen von sechs möglichen Punkten – ich denke, das sagt alles. Zudem muss man ehrlich zugeben, dass Stimac die Mannschaft seit einiger Zeit nicht mehr erreicht hat.“
Chaudhuri sieht auch Herausforderungen auf Marquez zukommen: „Marquez wird seine Freiheiten bekommen, aber er muss seinen Vereinsjob und die Aufgaben als Nationaltrainer unter einen Hut bringen. Es gibt nur wenige erfolgreiche Beispiele wie Rhinus Michels, der 1974 die Niederlande und den FC Barcelona trainierte, oder Sir Alex Ferguson, der 1986 den FC Aberdeen und parallel Schottland betreute. In Indien ist diese Doppelrolle nicht ganz neu: Sukhwinder Singh und Armando Colaco hatten ähnliche Aufgaben in der Vergangenheit. Es wird sicherlich Interessenkonflikte geben, insbesondere mit Spielern, die er früher in Hyderabad trainierte oder die jetzt beim FC Goa sind. Manche Fans könnten sie nicht in der Nationalelf sehen wollen, doch Marquez könnte sie zu deren Unmut dennoch einsetzen.“
Chaudhuri betont zudem die Notwendigkeit einer guten Stimmung im Team und eines pragmatischen Ansatzes: „Der neue Trainer muss eine gute Stimmung in der Mannschaft schaffen und pragmatisch an die Aufgaben herangehen, um gute Ergebnisse zu erzielen. Von Tikitaka oder Ballbesitzfußball zu sprechen, ist meiner Meinung nach sinnlos. Wenn Indien an einer WM teilnehmen will, müssen wir uns erheblich verbessern. Dies diskutieren wir nicht erst seit gestern, sondern schon seit 20 Jahren auch hier bei theinder.net. Seitdem hat sich kaum etwas verändert. Indien muss besser in der Jugendarbeit werden, besonders bei kleinen Kindern, und bessere Trainer sowie ein besseres Ligensystem, auch im Jugendbereich, haben. Nur so lassen sich Talente langfristig fördern.“
Mit Manolo Marquez an der Spitze hofft die AIFF, dass der spanische Trainer den indischen Fußball auf die nächste Stufe heben kann. „Ob Marquez diese Erwartungen erfüllen kann, wird die Zeit zeigen“, resümiert Chaudhuri.
Fotos: (c) arunfoot.com