Der Islam in Indien weist eine lange und komplexe Geschichte auf, die sich über viele Jahrhunderte erstreckt und weitreichende Auswirkungen auf die religiöse, kulturelle und soziale Landschaft des Subkontinents hatte. Die Einführung des Islams in Indien begann bereits im 7. Jahrhundert, als arabische Händler und Missionare an der westlichen Küste, insbesondere in Gujarat und Malabar, Handel trieben und ihre Religion verbreiteten. Diese frühen Kontakte führten zur Gründung der ersten muslimischen Gemeinden und Moscheen an den Küstenregionen und markierten die Anfänge der islamischen Präsenz in Indien.
Im 11. Jahrhundert nahm die islamische Expansion eine systematische Form an, als türkisch-persische Dynastien begannen, Nordindien zu erobern. Die Ghaznawiden unter Mahmud von Ghazni führten ab dem Jahr 1000 mehrere Invasionen in Nordindien durch. Diese Invasionen waren von Zerstörung und Plünderungen geprägt und etablierten den Islam als bedeutende Macht in der Region. Mahmud von Ghazni zerstörte religiöse und kulturelle Stätten und legte so den Grundstein für die weitere islamische Expansion in Indien.
Im 12. Jahrhundert gelang es den Ghuriden unter Muhammad von Ghor, entscheidende Fortschritte zu erzielen, die letztlich zur Errichtung des Delhi-Sultanats führten. Muhammad von Ghor besiegte die Sultane des Nordens und gründete eine neue Dynastie, die die politische Landschaft Indiens veränderte. Das Delhi-Sultanat, das 1206 gegründet wurde, stellt eine der prägendsten Phasen in der islamischen Geschichte Indiens dar. Es hielt bis 1526 und umfasste mehrere Dynastien, darunter die Slave-Dynastie, die Khalji-Dynastie, die Tughlaq-Dynastie und die Sayyid-Dynastie.
Das Delhi-Sultanat war von militärischen Expansionen, politischen Umbrüchen und kulturellen Entwicklungen geprägt. Während dieser Zeit wurden viele bedeutende Moscheen, Mausoleen und andere religiöse Gebäude errichtet. Ebenso entstanden Schulen und Universitäten, die zur Verbreitung des Islams und zur Entwicklung einer reichen islamischen Kultur beitrugen. Die herrschenden Dynastien des Delhi-Sultanats förderten den Islam und legten den Grundstein für die zukünftige islamische Herrschaft in Indien.
Mit dem Beginn des 16. Jahrhunderts trat das Mogulreich auf den Plan, gegründet von Babur, der 1526 die Sultane bei Panipat besiegte. Die Mogulherrschaft markierte eine bedeutende Ära in der Geschichte des Islams in Indien. Die Mogul-Dynastie brachte eine neue Dimension der islamischen Herrschaft mit weitreichenden kulturellen und politischen Veränderungen. Unter den Mogulen, insbesondere Akbar dem Großen, erlebte der Islam in Indien eine Blütezeit. Akbar verfolgte eine Politik der religiösen Toleranz und integrierte hinduistische Elemente in die Regierungsführung. Diese Politik förderte das harmonische Zusammenleben der verschiedenen religiösen Gemeinschaften und trug zur Stabilität des Reiches bei.
Akbars Nachfolger, wie Jahangir und Shah Jahan, setzten diese Tradition fort und trugen zur kulturellen und architektonischen Blüte des Mogulreiches bei. Das bekannteste Beispiel ist das Taj Mahal, das unter Shah Jahan errichtet wurde und als Symbol für die Verschmelzung von islamischer und indischer Architektur gilt. Während der Mogulherrschaft florierte das kulturelle Leben, und es wurden bedeutende literarische und künstlerische Werke geschaffen, die die islamische Kultur in Indien weiterentwickelten.
Die späten Moguljahre waren jedoch von internen Konflikten und dem zunehmenden Einfluss europäischer Kolonialmächte geprägt. Die Britische Ostindien-Kompanie gewann an Macht, und die Mogulherrschaft begann zu schwinden. Nach der Niederlage des letzten Mogulherrschers Bahadur Shah II. im Jahr 1857 wurde die britische Kolonialherrschaft in Indien etabliert. Während der britischen Herrschaft sah sich die muslimische Gemeinschaft sowohl Herausforderungen als auch einer kulturellen Renaissance gegenüber. Die britische Politik der indirekten Herrschaft und der Teilung der indischen Gesellschaft führte zu politischen und sozialen Spannungen.
In dieser Zeit entstanden bedeutende politische Bewegungen, darunter die All India Muslim League, die sich für die Rechte der Muslime einsetzte und letztlich zur Gründung des Pakistan-Staates führte. Die All India Muslim League spielte eine zentrale Rolle in der politischen Bewegung zur Schaffung eines muslimischen Staates, der 1947 nach der Unabhängigkeit Indiens und der Teilung des Subkontinents in Indien und Pakistan gegründet wurde. Diese Teilung führte zu massiven sozialen und politischen Umwälzungen und zu einer großen Zahl von Flüchtlingen auf beiden Seiten der neuen Grenze.
Nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 und der Gründung Pakistans als Staat für Muslime blieb Indien ein säkularer Staat, in dem Muslime eine bedeutende Minderheit bildeten. Heute sind Muslime eine der größten religiösen Gemeinschaften in Indien und machen etwa 14% der Gesamtbevölkerung aus. Die muslimische Gemeinschaft in Indien ist durch eine Vielzahl von Strömungen und Traditionen geprägt, einschließlich sunnitischer und schiitischer Glaubensrichtungen sowie verschiedener Sufi-Orden. Muslime in Indien haben bedeutende Beiträge zur kulturellen, sozialen und politischen Landschaft des Landes geleistet und spielen eine wesentliche Rolle in der Vielfalt und Komplexität der indischen Gesellschaft.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Islam in Indien eine tiefgreifende und vielschichtige Geschichte hat, die von frühen Handelskontakten bis hin zu großen dynastischen und kolonialen Veränderungen reicht. Die islamische Präsenz in Indien hat nicht nur die religiöse Landschaft des Subkontinents geprägt, sondern auch einen wesentlichen Einfluss auf seine kulturelle und politische Entwicklung ausgeübt.