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Dauerthema „Netajis Tod“: Neue Dokumente, Asche und alter Familienstreit

Die Kontroverse um den Tod von Subhas Chandra Bose, genannt „Netaji“ (dt. „Führer“) einer prominenten Figur der indischen Unabhängigkeitsbewegung, bleibt ungelöst und spaltet nach wie vor die Bose-Familie. Die von der indischen Regierung freigegebenen Geheimdienstakten haben die Debatte über die Umstände seines angeblichen Todes im Jahr 1945 neu entfacht. Besonders betroffen zeigen sich Boses Tochter Anita und sein Großneffe Surya, die beide in Deutschland leben sowie Suryas Bruder Chandra.

Chandra Kumar Bose, ein weiterer Großneffe, ist überzeugt, dass sein Großonkel nicht bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Er betont, dass einige der freigegebenen Akten darauf hindeuten, dass Bose nach August 1945 noch gelebt haben könnte. Chandra Bose argumentiert emotional, dass die offizielle Version des Absturzes in Taipeh nicht durch ausreichende Beweise gestützt werde. Auch Surya Kumar Bose äußert Zweifel am offiziellen Bericht und fragt sich, warum trotz des chaotischen Nachkriegszustands die Dokumente zum vermeintlichen Absturz fehlen, während andere Aufzeichnungen erhalten sind.

Im Gegensatz dazu halten andere Familienmitglieder, wie die ehemalige Abgeordnete Krishna Bose und Tochter Anita Bose Pfaff, an der Flugzeugabsturz-Theorie fest. Krishna Bose betont, dass die veröffentlichten Akten keine neuen Beweise für ein Überleben Boses nach 1945 liefern. Sie verweist auf Zeugenaussagen und Berichte von Überlebenden des Absturzes, die die Theorie stützen. Auch Anita Bose Pfaff unterstützt die Theorie des Flugzeugabsturzes und weist alternative Theorien als „absurd“ zurück. Zudem kritisiert sie die Nutzung von Boses Erbe durch die RSS und BJP und hebt hervor, dass deren Ideologie im Gegensatz zu Boses Prinzipien von Säkularismus und Inklusivität stünde.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Echtheit der in Tokio aufbewahrten Asche, die angeblich Boses Überreste enthalten soll. Chandra Bose und andere Familienmitglieder zweifeln an der Authentizität der Asche und vermuten, dass sie möglicherweise von einem anderen japanischen Soldaten stamme. Der Filmemacher Nilanjan Bandyopadhyay, der lange mit dem Indo-Japan Cultural Centre verbunden war, berichtet hingegen, dass der Priester des Renkoji-Tempels in Tokio ihm mitgeteilt habe, dass Boses Anhänger die Asche dorthin übergeben hätten. Jüngsten Medienberichten zufolge fordere Chandra Bose die aktuelle Regierung dazu auf, die Asche von Japan nach Indien zu überführen.

Die Familie ist auch bezüglich der verschiedenen Untersuchungskommissionen gespalten. Die Mukherjee-Kommission, die 2005 ihren Bericht veröffentlichte, kam zu dem Schluss, dass es keinen Flugzeugabsturz gegeben habe, eine Schlussfolgerung, die von einigen Familienmitgliedern abgelehnt wird. Krishna Bose und ihre Tochter Sarmila betonen, dass andere Kommissionen, wie das Shah Nawaz Committee, zu dem Schluss kamen, dass ein Absturz stattgefunden habe, und fordern, dass diese Zeugenaussagen stärker gewichtet werden sollten.

Chitra Ghosh, Tochter von Sarat Bose, erinnert sich an ein Gespräch ihres Vaters mit dem überlebenden INA-Offizier Habibur Rahman, der andeutete, Bose könnte seinen Tod möglicherweise inszeniert haben. Zudem verweist Chandra Bose auf einen Brief vom 5. März 1948, verfasst von Chou Hsiang Kuang an Amiya Bose, in dem Kuang behauptete, Bose sei noch am Leben. Dieser Brief solle jedoch von Geheimdienstoffizieren abgefangen und nie zugestellt worden sein.

Trotz der unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Familie besteht Einigkeit darüber, dass alle relevanten Akten vollständig veröffentlicht werden sollten, um die Wahrheit über Boses Tod zu klären. Sugata Bose, Historiker und Abgeordneter, hat im Parlament die Öffnung aller Akten gefordert, um die Verbreitung von Spekulationen zu stoppen. Seine Tante Roma Ray und andere Familienmitglieder unterstützen diese Forderung und betonen die Notwendigkeit der vollständigen Offenlegung.

Bis heute wurden über 100 Akten über Bose freigegeben. Anhänger hoffen, dass diese Dokumente neue Erkenntnisse liefern könnten, doch es bleibt unklar, ob sie tatsächlich zur Aufklärung beitragen werden. Sugata Bose äußerte die Befürchtung, dass die Akten „kein neues Licht auf das Leben oder das irdische Ende eines unsterblichen Helden“ werfen könnten.

Die Diskussion um Boses Tod bleibt demnach ein komplexes und emotional aufgeladenes Thema innerhalb der weit verstreuten Bose-Familie und in einer breiteren Öffentlichkeit. Die freigegebenen Akten haben die Debatte neu entfacht, doch es bleibt offen, ob sie zu einer endgültigen Klärung führen werden. Boses Rolle wird zudem aufgrund seiner Verbindung zum deutschen Naziregime heftig kritisiert und diskutiert.

Quellen:

Foto: (c) Manish Prabhune

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