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Mi, 18. Dezember, 2024
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Schleichender Killer: Wie die Smogkrise Indiens Zukunft bedroht

(bc) Indien steht vor einer immensen Gesundheitskrise, die durch die zunehmende Luftverschmutzung ausgelöst wird. Laut einem Bericht der Deutschen Welle (DW) vom 2. Dezember 2024 sind die Auswirkungen des Smogs auf die Bevölkerung verheerend und treffen Menschen aller Altersgruppen, von kleinen Kindern bis hin zu älteren Bürgern. Besonders betroffen ist die Hauptstadt Neu-Delhi, die seit Jahren als eine der am stärksten verschmutzten Städte der Welt gilt. Ärzte und Experten warnen jedoch, dass sich die Gesundheitsrisiken längst nicht mehr auf städtische Gebiete beschränken, sondern weite Teile des Landes bedrohen.

Die Deutsche Welle berichtet von der Kinderärztin und Asthmatikerin Promilla Butani, die selbst mehrfach in einem Krankenhaus behandelt werden musste, weil die Luftqualität in Neu-Delhi ihre Symptome massiv verschlechterte. Trotz Schutzmaßnahmen wie einer N95-Maske musste sie Reisen absagen und sich intensiver medizinischer Behandlung unterziehen, um den Alltag zu bewältigen. Ein ähnliches Schicksal teilt der Tuk-Tuk-Fahrer Manish Paswan, der nach dem Lichterfest Diwali unter schweren Atembeschwerden und Panikattacken litt. Die Deutsche Welle schildert, wie das neu eröffnete Behandlungszentrum für umweltbedingte Krankheiten in Neu-Delhi zu einer dringend benötigten Anlaufstelle für viele Menschen wurde, die an Smog-bedingten Krankheiten wie Asthma, Bronchitis oder chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) leiden.

Die gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung sind dramatisch. Feinstaubpartikel, insbesondere solche mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern (PM 2,5), stellen eine der größten Gefahren dar. Diese winzigen Partikel dringen tief in die Atemwege ein und schädigen langfristig Organe wie Herz und Lunge. Studien zeigen, dass jährlich über 2 Millionen Todesfälle in Indien direkt auf die Luftverschmutzung zurückzuführen sind. Allein in Neu-Delhi sterben 12.000 Menschen jährlich an den Folgen des Smogs. Besonders alarmierend ist die Zahl von 464 täglichen Todesfällen bei Kindern unter fünf Jahren, wie der Bericht „State of Global Air/2024“ hervorhebt. Die Luftverschmutzung hat damit Tabak und Diabetes als Hauptursachen vermeidbarer Todesfälle überholt.

Wie die DW berichtet, zeigt sich die Tragweite der Smogkrise auch in den wirtschaftlichen Kosten. Die Gesundheitsausgaben und Produktivitätsverluste durch die Verschmutzung belaufen sich auf geschätzte 36,8 Milliarden US-Dollar jährlich. Doch die langfristigen Auswirkungen gehen noch weiter: Kinder, die der verschmutzten Luft ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko, später an chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu leiden. Sie entwickeln oft kognitive Defizite, die ihre Bildungs- und Berufschancen einschränken. Laut Philip Landrigan, dem Leiter des Global Observatory on Pollution and Health (GOPH), ist es für Indien entscheidend, die Luftverschmutzung zu bekämpfen, um den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt nicht zu gefährden.

Die Ursachen der Smogkrise sind vielfältig und komplex. Landwirtschaft, Industrie, Haushalte, Kraftwerke und der Straßenverkehr tragen gleichermaßen zur Verschmutzung bei. Besonders das Abbrennen von Stoppeln nach der Ernte in Nordindien ist eine bedeutende Quelle für den giftigen Smog, der weite Landesteile bedeckt. Die Weltbank forderte 2023 einen sogenannten „Airshed“-Ansatz, bei dem Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung regional koordiniert und auf ganze Luftregionen ausgeweitet werden. Nur so könne die Verschmutzung effektiv eingedämmt werden, da viele Quellen der Verschmutzung über Stadtgrenzen hinaus wirken.

Neben den großen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen gibt es jedoch auch Hoffnung durch lokale Initiativen. Wie die DW berichtet, hat das Netzwerk „Doctors for Clean Air“ in Punjab erfolgreich Bauern davon überzeugt, auf das Abbrennen von Ernteabfällen zu verzichten. Solche von Bürgern geführten Bewegungen könnten ein Schlüssel sein, um das Bewusstsein für die Gefahren der Luftverschmutzung zu schärfen und Veränderungen von unten anzustoßen. Dennoch mahnen Experten, dass ohne entschlossene und umfassende Maßnahmen auf nationaler Ebene die Smogkrise in Indien weiterhin Millionen Leben gefährden und die Entwicklung des Landes massiv behindern wird.

Quelle: Luftverschmutzung, Indiens stille Epidemie – DW – 02.12.2024

Foto: (c) Mark Danielson (flickr.com)

Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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