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Indien ist die größte Demokratie der Welt, und das Amt des Präsidenten spielt eine zentrale, wenn auch meist zeremonielle Rolle. Laut der indischen Verfassung ist der Präsident das Staatsoberhaupt, während die eigentliche Regierungsführung beim Premierminister liegt. Dennoch hat der Präsident bestimmte Befugnisse, darunter die Verabschiedung von Gesetzen, die Auflösung des Parlaments und im Extremfall sogar die Verhängung des Präsidentenregimes in Bundesstaaten. Während viele indische Präsidenten als überparteiliche Hüter der Verfassung agierten, gab es auch einige, deren Amtszeit von Skandalen und Kontroversen überschattet wurde.
Fakhruddin Ali Ahmed (1974–1977) – Präsident des Notstands
Eine der umstrittensten Phasen in der Geschichte Indiens war der Notstand von 1975, den Präsident Fakhruddin Ali Ahmed auf Wunsch von Premierministerin Indira Gandhi ausrief. Dieser Notstand führte zur massiven Einschränkung von Grundrechten, zur Inhaftierung von Oppositionsführern und zur Kontrolle der Presse. Ahmed wurde dafür kritisiert, dass er ohne Widerspruch Indira Gandhis autoritäre Maßnahmen unterstützte. Sein Name bleibt untrennbar mit dieser dunklen Zeit der indischen Demokratie verbunden.
Giani Zail Singh (1982–1987) – Konflikte mit Rajiv Gandhi
Zail Singh, ein enger Vertrauter Indira Gandhis, geriet in Konflikt mit ihrem Sohn und Nachfolger Rajiv Gandhi. Nach Indira Gandhis Ermordung im Jahr 1984 kam es zu anti-sikhischen Pogromen, während Singh – selbst Sikh – als Präsident untätig blieb. Später kursierten Gerüchte, dass er versuchte, Rajiv Gandhi zu entlassen, was zu politischer Instabilität führte. Seine Amtszeit war von einem tiefen Bruch zwischen Präsident und Premierminister geprägt.
Pratibha Patil (2007–2012) – Korruptionsvorwürfe und Vetternwirtschaft
Als erste Frau im Amt des indischen Präsidenten wurde Pratibha Patil zunächst gefeiert, doch ihre Amtszeit war von mehreren Kontroversen überschattet. Ihr Bruder wurde mit einem Mordfall in Verbindung gebracht, und es gab Vorwürfe, dass sie Gelder einer Wohltätigkeitsorganisation zweckentfremdet habe. Zudem wurde sie heftig kritisiert, als bekannt wurde, dass sie sich nach ihrer Amtszeit auf Staatskosten eine luxuriöse Residenz bauen ließ.
Ram Nath Kovind (2017–2022) – Ein Präsident ohne Eigenständigkeit?
Kovind wurde oft als zu loyal gegenüber der regierenden Bharatiya Janata Party (BJP) angesehen. Kritiker warfen ihm vor, als Staatsoberhaupt nicht unabhängig genug zu agieren und die Interessen der hindu-nationalistischen Agenda (Hindutva) zu fördern. Während einige ihn für seine Loyalität zur Regierung lobten, sahen andere in ihm lediglich eine symbolische Figur ohne wirklichen Einfluss.
Droupadi Murmu (seit 2022) – Symbolische Wahl oder echte Veränderung?
Droupadi Murmu ist die erste indigene Präsidentin Indiens und ein historisches Symbol für die Repräsentation der Adivasi-Gemeinschaft. Doch Kritiker bemängeln, dass ihre Wahl vor allem eine politische Strategie der BJP war, um indigene Wähler für sich zu gewinnen. Zudem wird ihr vorgeworfen, dass sie bisher keine eigenständigen politischen Impulse gesetzt hat und Regierungsentscheidungen unkritisch absegnet.
Das Amt des indischen Präsidenten mag vorwiegend zeremoniell sein, doch einige Amtsinhaber haben durch ihre Entscheidungen, ihre Nähe zu politischen Parteien oder Korruptionsskandale für Kontroversen gesorgt. Während einige als Bewahrer der Demokratie gefeiert wurden, hinterließen andere Spuren der politischen Einflussnahme oder Untätigkeit in kritischen Momenten. Diese umstrittenen Persönlichkeiten zeigen, dass das höchste Amt Indiens nicht immer nur eine symbolische Rolle spielt – sondern in manchen Fällen die Weichen der Geschichte mitbestimmt.
Foto: (c) MEA, India