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Sa, 21. Dezember, 2024
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Indien: "Wenn man sich einmal darauf eingelassen hat, kommt jeder gut zurecht"

(bc) Harsh Sonawala und Lukas Held genießen den Luxus, Privates und Berufliches miteinander zu verbinden: sie reisen für ihr Leben gern nach Indien und innerhalb Indiens. Nachdem Harsh mit India Someday eine kleine Firma gegründet hatte, die interessierten Indienreisenden hilft, ihren perfekten Trip zu planen, schloss sich Lukas Held an, um seine Erfahrungen mit einzubringen und Ansprechpartner in Deutschland zu sein. Wir befragten die beiden Reiseexperten nach Kulturschocks, Trinkgeld, Go’s und No Go’s, wenn der nächste oder erste Indien-Trip bevorsteht.

Sie sind Reiseexperten für Indien. Welche Orte gefallen Ihnen besonders?

Harsh Sonawala: Für mich sind es ganz klar die Bergregionen des Himalayas. Die Gegend hat es mir angetan mit ihren schneebedeckten Gipfeln, dem einzigartigen Essen, dem wärmenden Chai und das Gefühl ein kleiner Teil eines großen Ganzen zu sein. Die Ruhe und Gelassenheit des Himalayas ist einzigartig für mich.
Lukas Held: Mein persönlicher Favorit ist Hampi. Die verfallenen Tempelanlagen und die einzigartigen Felsformationen haben den Entdecker in mir geweckt. Man füllt sich in eine vergangene Zeit zurück versetzt. Man kann Stunden damit verbringen die Landschaft, die Tempel und Palastanlagen zu erkunden

Harsh Sonawala liebt die Gebirge Indiens.
Indien-Reisende klagen oftmals über den immensen Kulturschock, den sie bei ihrem ersten Besuch erfahren. Es gibt kaum ein Land, in dem Reichtum und Armut so nah beieinander liegen. Wie kann man sich auf solch einen Schock vorbereiten?
Harsh: Man kann diesen Realitäten in Indien nicht aus dem Weg gehen und ich denke darum sollte man es auch gar nicht probieren. Ich rate unseren Gästen sich mental auf diese Wirklichkeit einzustellen. Indien ist nichtsdestotrotz im 21. Jahrhundert angekommen. Die Städte sind recht modern, aber eben auch dicht bevölkert. Die schiere Anzahl der Menschen, die Lebensverhältnisse einiger Inder und die Unterschiede zwischen Arm und Reich können einen zu Beginn natürlich beeindrucken, aber wenn man sich einmal darauf eingelassen hat kommt jeder gut zurecht.
Es gibt die einen, die als Rucksacktouristen das Land auf eigene Faust erkunden, sich gerne in das Leben einer Stadt wie Mumbai oder Kolkata stürzen und die anderen, die Strandurlaub und Wellness in Goa bzw. Kerala machen. Sie betreiben selbst ein Reiseunternehmen, wie bereiten Sie Touristen darauf vor?
Lukas: Wir haben hierzu bei India Someday denke ich ein sehr gutes Konzept, dass uns von vielen anderen Anbietern unterscheidet. Wir bieten unseren Gästen an alles Organisatorische abzunehmen, d. h. Buchung aller Hotels und Transportmittel, sodass sie sich ganz auf das Erkunden Indiens konzentrieren können. Wir zeigen alle Optionen auf und geben immer einige Tipps für die letztlich gewählten Reiseziele mit an die Hand, lassen unsere Gäste aber Indien ansonsten auf eigene Faust erkunden. Aber natürlich verfügen wir auch über ein Netzwerk von Guides mit denen wir schon lange zusammenarbeiten. So lässt sich auch eine strukturiertere Tour planen.
Lukas Held ist ein Fan von Hampi, die Landschaft hat es ihm angetan.

Ein deutscher Urlauber beschwerte sich einmal über die hohen Eintrittspreise für Ausländer ganz im Gegensatz zu den Preisen für Einheimische. Wir erklärten ihm, dass er die Einkommensverhältnisse vergesse und das relativieren müsse. Sehen Sie das auch so?

Harsh: Ich kann den Ärger im ersten Moment nachvollziehen. Allerdings sollte man sich vor Augen halten: In Indien leben rund eine Milliarde Menschen von denen sich viele ein höheres Eintrittsgeld nicht leisten können. Daher hat die Regierung entschieden Eintrittsgelder zu subventionieren, sodass auch ein einfacher Bauer die Wunder seiner Kultur wie z.B. das Taj Mahal besuchen kann. Auf der anderen Seite sind die Eintrittsgelder für Touristen nicht absurd hoch und vergleichbar mit Rom oder Paris. Im Endeffekt also erschwinglich für Touristen und die Inklusion aller Gesellschaftsmitglieder in Indien wird gesichert, gerade im Hinblick auf die oben genannte Ungleichheit in Indien.
Trinkgeld ist ein sensibles Thema in Indien. Geben Sie zu wenig oder nichts, dann gelten Sie als geizig, geben Sie zu viel, sind Sie womöglich der gutgläubige Depp, den man weiter ausnehmen kann. Wie findet der Reisende die richtige Balance
Harsh: Der einfachste Tipp: Immer eine Summe zahlen mit der man sich wohlfühlt, von der man denkt, dass sie angemessen ist. Das ist natürlich nicht immer ganz einfach und es ein wenig schade, dass viele Touristen in Indien den Eindruck haben abgezockt zu werden. Ich glaube umso kleiner und persönlicher die Lokale sind in die man geht, umso fairer wird der Umgang. Da hier die Preise für Europäer eh teils lächerlich niedrig sind, kann man dann auch mit gutem Gewissen ein höheres Trinkgeld geben.

Kommen wir zu einem konkreten Beispiel: Golden Triangle Tour. Die womöglich häufigste aller Touren, die ein Reisender, der noch nie in Indien war, beschreitet. Ich habe diese Tour vor über 10 Jahren selbst gemacht und bin immerwährend zu Handicraft Stores geschleppt worden, auf die ich keine Lust hatte, da ich die Sehenswürdigkeiten sehen wollte. Wie lässt sich so etwas vermeiden?
Lukas: Da gibt es eigentlich zwei Möglichkeiten: Erstens, gut planen und mit seriösen Reiseunternehmen zusammenarbeiten die verlässliche Fahrer vor Ort haben, die so bezahlt werden, dass sie nicht auf die Provisionen, die solche Geschäfte zahlen angewiesen sind. Zweitens, vor Ort bei Fahrpreisverhandlungen klar sagen, dass man keinerlei Interesse an irgendwelchen Geschäften hat. Wenn man hier resolut auftritt hat man eigentlich gute Chance sich nervige Verkaufsgespräche vom Hals zu halten.
Welche Tour empfehlen Sie einem Indien-Neuling, der, sagen wir mal, 3 Wochen reisen möchte und thematisch völlig offen ist?
Harsh: Das hängt extrem vom Reisemonat an. Das Wetter variiert je nach Jahreszeit teils extrem. Während der Hauptsaison die ungefähr von Oktober bis März reicht, ist sicherlich eine Tour durch Nordindien für Indienneulinge sehr attraktiv. Hier lassen sich viele Highlights in recht kurzer Zeit kombinieren: Delhi, Agra mit dem Taj Mahal, Varanasi und ausgewählte Städte Rajasthans. Zum Abschluss kann man je nach Wunsch die Seele noch eine Woche in Goa oder Kerala baumeln lassen.
Frauen sollten sich besonders in Acht nehmen, wenn Sie alleine Indien bereisen, heißt es. Können Sie das bestätigen?
Lukas: Indien ist ein Land der Kontroverse und Vielfältigkeit. Das gilt für seine schönen wie auch unschönen Seiten. Die Rolle der Frau ist sicherlich, vor allem in konservativen Gegenden, immer noch weit von Status der Gleichberechtigung entfernt. Als Tourist fällt man bereits oft auf. Als weiblicher Tourist, insbesondere als alleinreisende Frau, noch um viele Male mehr.
Frauen sollten sich bewusst für ihre Reiseziele entscheiden: Es gibt viele offener und fortschrittlicher geprägte Regionen, in denen es kein Problem ist, als Frau alleine zu reisen. Dann wiederum gibt es Regionen und Städte (oder auch bestimmte Gegenden in den Städten), die wir alleinreisenden Frauen weniger empfehlen würden bzw. hier zu besonderer Achtsamkeit raten. Sicherlich muss man mit Blicken rechnen (egal ob von Männern oder Frauen), aber wir haben bereits viele alleinreisende Gäste (inklusive Barbara, die Mitgründern von India Someday ist) mit einer Indienreise begeistern können und alles ist reibungslos gelaufen.
Besondere Tipps, die wir geben können, sind: entsprechende Kleidung tragen (keine kurzen Röcke, Kleider, Hosen, Oberteile mit tiefes Ausschnitte), dunkle, einsame Gassen in großen Städten vermeiden.
Was sind die absoluten Verhaltens-No-Go’s als Tourist, wenn ich Indien das erste Mal bereise?
Harsh: Wie Lukas gerade erwähnt hat, ist Indien in einigen Teilen doch noch ein sehr konservativ geprägtes Land. Daher ist es absolut notwendig sich entsprechend zurückhaltend zu kleiden. Ein weitere Punkt: Ohne Erlaubnis sollte man nicht in heiligen Gewässern baden.

Danke für dieses Gespräch!

Weiterführender Link: www.indiasomeday.com 

Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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