(kj) Devki lebt im ständigen Konflikt zwischen dem Wunsch nach Emanzipation und den fest verankerten Traditionen der indischen Gesellschaft. Manuela Bastians Film „Where to, Miss?“ begleitet diese mutige junge Inderin innerhalb von drei Jahren durch drei unterschiedliche Lebensabschnitte: Tochter, Ehefrau, Mutter. Karuna Jha traf die Regisseurin auf ein Interview.
Herzlich willkommen zum 13. Indischen Filmfestival in Stuttgart und Gratulation zu dieser wunderschönen Dokumentation! Sie haben die Entwicklung von Devki über verschiedene Phasen ihres Lebens begleitet. Wie hat sich die Idee herauskristallisiert und wie haben Sie Devki gefunden?
Von meinem letzten Film kannte ich eine Inderin in Delhi, die ich danach fragte, ob sie eine Taxifahrerin in Delhi kennt. Sie fuhr zufällig jeden Tag zur Arbeit mit einer Taxifahrerin. Und darüber bin ich auf diese Organisation gestossen – Sakha Consulting Wings – die zusammen mit Azad Foundation die Taxifahrerinen ausbildet und einstellt. Und dadurch haben wir verschiedene Frauen kennengelernt und es hat sich ziemlich schnell herausgestellt, dass Devki am meisten an uns interessiert war und wir an ihr. Und so ist die Entschediung gefallen.
Wie hat die Familie von Devki auf diese Idee reagiert? War die Zusammenarbeit schwierig?
Generell fand die Familie die Idee spannend und war sehr daran interessoiert mitzumachen, da sie noch nie mit etwas ähnlichem in Berührung kamen. Wir haben sehr viel Zeit mit der Familie im Vorfeld verbracht. Swati – unsere Übersetzerin – hat auch grossartige Arbeit geleistet und viele Gespräche mit der Familie geführt. Wir haben immer wieder mit den Familienmtgliedern geredet und so das Vertrauen gewonnen. Dabei natürlich auch sehr viel Chai getrunken!
Als wir erfahren haben, dass Devki’s Vater sie früher schlug, war es für uns sehr schwierig mit ihm zu kommunizieren. Wir wussten auch nicht wie wir darauf reagieren sollten und ob und wie wir dazu eine Stellung nehmen sollten. Dann aber haben wir entschieden uns darauf einzulassen, was dort war und werden das nicht verurteilen. Er war für uns eine ambivalente Person und wir wollten das Geschehen nicht einseitig zeigen, sondern ihn auch einbeziehen und ihm seinen Raum geben und ihn aüußern lassen.
Das Leben von Devki hat sich in diesen drei Jahren sehr stark verändert. Wie ist es Ihnen gelungen Sie über diese Lebensabschnitte zu begleiten? Wie war die ursprungliche Idee für den Film?
Ursprünglich wollte ich viel mehr auf das Taxifahren eingehen und zeigen, wie ihr Leben als eine unter Tausenden von männlichen Taxifahrern verläuft. Zu dem Zeitpunkt gab es nur noch zehn Taxifahrerinen und ich wollte zeigen, wie sie sich behauptet und durchsetzt. Ich wollte den Prozess darstellen, wie eine junge Frau anfängt Taxifahrerin zu werden und das zum Schluss hoffentlich schafft. Im Laufe der Zeit habe ich aber eingesehen, dass es mehr darum geht, was ihr alles im Weg steht: die familiären Verpflchtungen und Verantwortungen, Abhängigkeit von ihrem Vater und später von Ihrem Mann und Sohn.
Können wir hoffen, dass der kleine Sohn von Devki mehr Akzeptanz für diesen Beruf hervorbringen wird?
Ich glaube, dass so langsam Akzeptanz und Verständnis bei der Familie ankommen, dass es ein Mehrwert für die ganze Familie ist, wenn die Frau auch arbeitet und Geld verdient. Der aktuelle Stand ist, dass Devki sechs Monate als Taxifahrerin arbeitet und sechs Monate bei ihrer Schwiegerfamilie in den Bergen wohnt. Ich hoffe auch, dass das Ansehen für diesen Beruf besser wird. Ich glaube, dass Devki ein anderes Vorbild für ihren Sohn sein wird und ihn auch ganz anders erziehen wird.
Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf Indien?
Es lag daran, dass ich nach der Abitur mit einer guten Freundin drei Monate durch Indien gereist bin. Als ich zum ersten mal in Indien war, habe ich mir so viele Fragen gestellt und ich wollte Antworten darauf haben und das Leben dort begreifen. Und später bin ich aufs Gulabi Gang – eine Frauenbewegung in Uttar Pradesh – gestossen und wollte darüber einen Film machen.
Ist es derzeit geplant den Film in Indien zu präsentieren? Hat Devki selbst ihn bereits gesehen?
Sobald wir Zusagen von indischen Festivals haben, werden wir den Film einreichen und hoffen, dass wir dann nach Indien kommen und den Film dort präsentieren. Ich würde gerne den Film zusammen mit Devki sehen und ihn ihr persönlich zeigen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Karuna Jha traf Regisseurin Manuela Bastian. |