Foto: (c) Deutsche Botschaft Neu Delhi |
(bc) Dass Diplomatie auch mal ganz anders sein kann, beweist der deutsche Botschafter in Indien S.E. Michael Steiner und bringt damit frischen Wind in die deutsch-indischen Beziehungen. Mit Karan Johars Bollywood-Blockbuster „Kal Ho Naa Ho“ landete Steiner mit einem ganz speziellen Remake des gleichnamigen Titelsongs bei YouTube einen Millionen-Klick-Hit. theinder.net sprach mit dem Botschafter in einem exklusiven Interview über seine Beweggründe zum Video „Lebe Jetzt – Kal Ho Naa Ho“, die Dreharbeiten und auch über die aktuelle Situation in Nepal nach dem tragischen Erdbeben.
Herr Botschafter, Gratulation zu Ihrem Bollywood-Video „Lebe jetzt – Kal Ho Naa Ho“! Eine ganz neue Form der Diplomatie – wie kommt man auf solch eine Idee?
Traditionell haben sich Diplomaten fast ausschließlich um die Kontakte zwischen Regierungen gekümmert. Die Zivilgesellschaft ist in den vergangenen Jahrzehnten jedoch weltweit immer wichtiger geworden. Dank des Internets und elektronischer Medien hat sie sich über Landesgrenzen hinweg vernetzt. Und das ist eine positive Entwicklung.
Diesem Trend muss auch die Diplomatie zunehmend Rechnung tragen. Sie muss die Menschen erreichen. Genau das ist unser Ziel. Wir wollten die Menschen bei dem abholen, was ihnen Freude bringt. Auch Populärkultur ist dafür ein geeignetes Medium. Und wenn man in Indien an Populärkultur denkt, kommt man an Bollywood mit seiner schon weltweiten Strahlkraft nicht vorbei.
Die Begeisterung für Bollywood und Stars wie Shah Rukh Khan kennt – im wahrsten Sinne des Wortes – keine Grenzen. Sie verbindet auch Deutsche und Inder. In Salman Khurshid, dem ehemaligen Außenminister Indiens, habe ich einen sympathischen und humorvollen Partner gefunden, der unser Verständnis moderner Diplomatie teilt. Es war mir wichtig, das Remake gemeinsam anzugehen, auf humorvolle Weise, ohne uns selbst dabei allzu ernst zu nehmen.
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Das Video dürfte dem ursprünglichen Musikvideo „Kal Ho Naa Ho“ nun ernsthafte Konkurrenz bereiten. Welche Aussage möchten Sie den Zuschauern vermitteln?
Wie bereits gesagt, wir wollten mit unserem Musikvideo die Menschen – vor allem in Indien – erreichen, ihnen verdeutlichen, wie vieles Inder und Deutsche verbindet, und damit weitere „people-to-people“-Kontakte anstoßen.
Die gemeinsame Begeisterung für Bollywood in Indien und ist dabei ein Faktor. Aber nehmen Sie auch das Kernthema des wunderschönen Lieds „Kal Ho Naa Ho“ aus der Feder des beliebten und angesehenen indischen Lyrikers Javed Akhtar: „Kal Ho Naa Ho“ – das will uns sagen: Lebe jetzt! Dieser Aufruf spricht uns alle an, egal wo wir leben, unabhängig von unseren Lebensumständen, und eignet sich daher vorzüglich, um Menschen zusammenzubringen.
Sie haben Ihr Video offiziell und live vor einem Publikum vorgestellt. Wie war die Resonanz der damaligen Beteiligten, u.a. Saif Ali Khan und Karan Johar? Sehen wir Sie und Ihre Frau vielleicht irgendwann mal auf einer grossen Leinwand, z.B. einem deutsch-indischen Bollywood-Heimatfilm?
Wir haben uns sehr gefreut, wie positiv die Darsteller des Originalfilms, Shah Rukh Khan und Saif Ali Khan, auch der Produzent Karan Johar, der Sänger des Lieds „Kal-Ho-Naa-Ho“ Sonu Nigam, aber auch der renommierte Verfasser des Liedtextes Javed Akhtar und andere unsere Hommage an Bollywood aufgenommen haben. Sie haben uns sehr herzliche Botschaften übermittelt, zum Teil per Video. Saif Ali Khan hat am 24. April sogar persönlich am Launch unseres Videos im Garten meiner Residenz teilgenommen und unsere Initiative gewürdigt.
Aber ich mache mir nichts vor. Shah Rukh Khan und Saif Ali Khan sind hervorragende und beeindruckende Schauspieler, und wir hatten nie den Anspruch, uns mit ihnen zu messen. Die Dreharbeiten – am Wochenende bis nachts um 3 Uhr – haben zwar Spaß gemacht. Sie waren aber auch harte Arbeit. Vor allem mit der Lippensynchronisation habe ich mir sehr schwer getan, da ich kein Hindi spreche. Ich muss sagen: Mein Respekt vor der Leistung der Schauspieler des Originalfilms ist bei den Dreharbeiten noch einmal deutlich gewachsen.
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In den sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook werden Sie inzwischen als „Coolest Ambassador ever“ und „Rockstar“ gefeiert. Wie gefällt Ihnen das?
Das Filmteam, die anderen Darsteller, meine Kollegen, meine Frau und ich sind von der positiven Resonanz einfach überwältigt. Auf YouTube ist unser Video kurz davor, die Millionenmarke zu überschreiten – und das, obwohl es in Deutschland leider nicht auf unserem YouTube-Kanal GermanyinIndia abrufbar ist. Vor allem ist das Video auch auf vielen indischen Fernsehsendern ausgestrahlt worden. Nachrichtensender und Zeitungen haben darüber berichtet.
Am meisten freut mich, dass es uns gelungen ist, auf humorvolle Art in Indien zusätzliche Sympathien für Deutschland zu schaffen. Das war das Ziel, und das kam auch bei den Reaktionen aus ganz Indien zum Ausdruck
Die Musik als Brückenbauer. Mit dem Video dürften Sie frischen Wind in die deutsch-indischen Beziehungen bringen. Denken Sie, dass auch andere Botschafter und Diplomaten sich ein Beispiel daran nehmen sollten ihre auszuführende Mission von einer anderen, womöglich lockereren Perspektive aus zu betrachten?
Nein. Ich denke, dass jeder Diplomat zur Förderung der internationalen Beziehungen die Mittel wählen sollte, die ihm geeignet erscheinen und persönlich liegen. Was mich angeht, so bin ich überzeugt davon, dass es auch in der Diplomatie zunehmend darauf ankommen wird, direkt die Menschen im Gastland anzusprechen und für sein Heimatland zu interessieren und zu begeistern. Dafür wird man die klassischen Pfade der Diplomatie hin und wieder auch einmal verlassen müssen.
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Bitte lassen Sie uns noch über ein aktuelles Thema sprechen. Am 23. April 2015 erschütterte ein schweres Erdbeben Nepal und weite Teile Indiens mit zahlreichen Toten und Verletzten. Unsere Redaktion hat ebenfalls Verwandte und Bekannte in der Grenzregion, die das Erdbeben stark zu spüren bekamen, jedoch glücklicherweise unverletzt blieben. Unterstützt die deutsche Botschaft in Indien die Rettungsaktionen bzw. welche Massnahmen sind geplant um das Leid der Menschen ein wenig zu lindern und die Aufräumarbeiten voranzutreiben? Was können die deutsche Regierung und die Hilfsorganisationen Ihrer Meinung nach effektiv tun um den Opfern gezielt zu helfen?
Die Bundesregierung hat mit den Mitteln der humanitären Hilfe sehr rasch reagiert. Sie hat Katastrophenhelfer des Technischen Hilfswerks und des Deutschen Roten Kreuzes entsandt. Das Auswärtige Amt hat umgehend finanzielle Hilfe von zunächst 2,5 Mio. Euro bereitgestellt. Unsere Kollegen an der Botschaft in Nepal waren Tag und Nacht, weit über die Erschöpfungsgrenze hinaus, im Einsatz.
Als Nachbar-Botschaft in dem wichtigsten Nachbarland Nepals haben wir gemeinsam mit der indischen Regierung die Durch- und Weiterreise deutscher Helfer unterstützt. Zudem hat die Botschaft New Delhi ganz kurzfristig ihre erfahrene Verwaltungsleiterin, ihren Sicherheitschef, ihren Botschaftsarzt und einen weiteren Verwaltungsmitarbeiter zur Unterstützung der Botschaft Kathmandu nach Nepal entsandt.
Foto: (c) Schönebaum |
Herzlichen Dank für Ihre wertvolle Zeit, Herr Botschafter! Wir wünschen Ihnen und Ihrer Frau weiterhin alles Gute.
Das Interview führte Tomal K. Ganguly (theinder.net)
Videos, Links und Grußbotschaften:
„Lebe jetzt – Kal Ho Naa Ho“: Videolink BILD.de
Making-Of-Video: „Lebe jetzt – Kal Ho Naa Ho“: Videolink BILD.de
Interview: Botschafter Michael Steiner und Eliese Steiner bei NDTV: Videolink YouTube
Reportage: Filmpremiere-Abend beim indischen Sender ANI News: Videolink YouTube
Reportage bei Zee News TV (in Hindi): Videolink YouTube
Impressionen:
Foto: (c) Deutsche Botschaft Neu Delhi: Filmplakat zu „Lebe Jetzt – Kal Ho Naa Ho“ |
Foto: (c) Deutsche Botschaft Neu Delhi |
Foto: (c) Deutsche Botschaft Neu Delhi: Eliese Steiner mit Salman Khurshid |
Foto: (c) Deutsche Botschaft Neu Delhi: Die Filmcrew zusammen mit den Darstellern |
Foto: (c) Facebook (www.facebook.com/germanyindia): Premiere mit Bollywood-Vertretern |