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Fr, 22. November, 2024
StartGeneration 2.0Zwei Desis erobern gemeinsam die deutschsprachige Literaturwelt

Zwei Desis erobern gemeinsam die deutschsprachige Literaturwelt

Foto: (c) theinder.net
Von Tina Singh und Steffi Mönkebier. (Düsseldorf) Ein besonderer Moment der modernen deutschen Literaturgeschichte wurde am Donnerstag, 21. April 2005, im SP-Saal der Düsseldorfer Heinrich-Heine Universität zu einer Wirklichkeit, die eine tiefgreifende Veränderung der hiesigen Literaturlandschaft bedeuten dürfte. Zwei der vielleicht wirkungsvollsten indischen Poeten des deutschen Sprachraumes, die mit scharfen Zungen in unterschiedlichen Bereichen der Lyrik wüten, wurden vom Asta-Buchladen zu einer Lesung zusammengeführt, um Rap und Literatur gemeinsam zu präsentieren.

Somit wagen ausgerechnet südasiatische Lyriker, die auf hervorragende Weise die Deutsche Sprache in selbstverständlicher Vertrautheit leben, eine abendländische konservative Literaturszene mit neuem Geist zu erfrischen. Hierbei las der mehrfach preisgekrönte indische Autor Anant Kumar höchstpersönlich aus seinen Werken und wurde von Communityrapper Diptesh musikalisch und lyrisch unterstützt, der mit lockeren gesellschaftskritischen Rapstrophen auf indisch angehauchten Beats und seinem Klassiker „India-Vidual“ zur Beginn der Lesung die Gäste aus den Reihen der interessierten Akademiker einheizte. Lautstark stimmte das anwesende Publikum mit rhythmisch klatschender Begleitung den Refrain an und würdigten mit „Diptesh“-Rufen den „Meister der Zeremonie“.
Passend zum kritischen Gehalt der Rap-Verse, welche die Deutsche Gesellschaft aus der Sicht eines Desis beleuchten soll, reflektierte Anant Kumar aus demselben Hintergrund heraus das Leben in der „Fremde“ und ironisierte sarkastisch die pseudo-multikulturelle Deutsche Gesellschaft. Energisch las er mit eindrucksvoller Leidenschaft, die sich als Ausdruck seines sorglosen Wesens versteht, aus seinen Büchern, wie unter anderem „Fremde Frau – Fremder Mann“. Seine Philosophie begründet sich hierbei auf das „Menschsein“ und seinem Verständnis von Literatur als grenzenlose Ausdrucksform seines „menschlichen Selbst“. Gerührt von der Auseinandersetzung des MC’s mit lyrischer Prosa lobte Kumar, der als einziger indischer Autor die Deutsche Literaturwelt repräsentiert, Diptesh mit Ansagen an das Publikum für seine literarischen Werke. Auch von seinen Rapfertigkeiten ist der Schriftsteller sehr angetan: „Heutzutage wird nur noch über belanglosen Partyspaß gerappt. Diptesh aber reflektiert mit literarischer Tiefe. Genial!“
Diptesh las auch seine Raptexte, denen er eine literarische Note verlieh, in trockener Form, wobei der Polit-Rapper, der als Asta-Referent sich der Hochschulpolitik verschrieben hat und die Veranstaltung mitorganisierte, die Rapzeile „Mit dem Glauben an mich selbst… als schwarzer Bundeskanzler“ scherzhaft mit den Worten „ihr wisst, wem ihr eure nächste Stimme gebt“ kommentierte und mit lachendem Beifall begleitet wurde. Außerdem sorgte er mit seinem Rapsong „Ein Meer aus Tränen“, mit welchem er den Flutopfern in Südasien gedachte, für eine nachdenkliche Stimmung im Publikum.

Für humorvolle Unterhaltung sorgte Anant Kumars künstlerische Ausführungen über seine ersten Erlebnisse mit unterschiedlichen Käsesorten in Deutschland, die er auf einer Käseplatte erfuhr und zu seiner großen Verwunderung seine Deutschen Freunde darüber konkurrierten.

Humorvoll waren auch, besonders für die weibliche Gäste im Saal, die literarischen Auseinandersetzungen der beiden Künstler mit der Damenwelt, wobei Anant Kumar über den Inhalt einer roten Frauentasche philosophierte und Diptesh eine Kurzlyrik über die Komplexität des „geliebten umworbenen Wesens“ las, die Anant Kumar sehr erheiterte. Heiterkeit ist auch das Lebensmotto, mit welchem Kumar den Alltag, so wie er sagt, „im dichterischer Eifer“ begegnet.

Privat wurde der kreative Austausch zwischen Anant Kumar und Diptesh zu einer wahren Kunstexplosion, die nun Früchte tragen soll. So gewann der dichtende Inder aus Kassel einen direkten Zugang zum Sinngehalt des Raps, hörte interessiert die Geschichte des Hip Hop und schlug Diptesh ein Projekt vor, das Zusammentreffen von Literatur und Rap weiter zu vertiefen. In diesem Zusammenhang sind weitere Lesungen geplant, wobei Anant Kumar vollkommen den schriftstelllerischen Teil übernimmt und Diptesh das Musikalische präsentiert. „Seit dem Moment unserer ersten Begegnung war mir Diptesh sofort sympatisch. Als er sich mir vorstellte, wußte ich gleich, daß er ein vollkommener Künstler ist.“, erinnert sich der Dichter, der am Abend seiner Lesung viele Exemplare seiner Werke verkaufen konnte. „Anant ist ein überaus netter und offener Mensch, der trotz seines internationalen Erfolges ein bescheidener Dichter geblieben ist. Ich habe großen Respekt vor Anant Kumar und es ist mir eine große Ehre, die Zusammenarbeit mit ihm weiter zu vertiefen.“, freut sich Diptesh über die neue Freundschaft zwischen den beiden Kunstschaffenden. Besonders angetan war er von Anant Kumars Antwort auf seine Frage, ob er sich wohl fühle in Deutschland. „Er hat eine unglaublich positive Einstellung zum Leben und greift mit seiner Kunst alles auf. Ganz nach meinem Hip Hop Motto ‚The world is mine“.

Tina Singh
Tina Singh
Tina schrieb ihren ersten Artikel für theinder.net bereits 2005 und interessiert sich für gesellschaftliche Themen, Musik und Reisen. Heute ist sie im Touristikbereich tätig.

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