(bc) Bereits im August 2003 war im National Geographic die Sensation zu lesen, dass eine bis heute noch unbekannte Dinosaurierart in Indien entdeckt wurde.
Indische und amerikanische Archäologen machten den 9 Meter langen Fund. Es handelt sich um einen gehörnten, fleischfressenden Saurier, der einem Tyrannosaurus rex ähnelt und vor 65 Millionen Jahren, also am Ende der Kreidezeit, auf der Erde lebte.
Die Rekonstruktion des versteinerten Skeletts könnte Aufschluss über die Kontinentalverschiebung bis zu ihrer heutigen Position geben, aber auch darüber, warum die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren so abrupt ausstarben.
2001 erreichten die Paläontologen Sereno und Wilson Indien zur Untersuchung von verschiedenen Dinosaurierknochen, die von ansässigen Wissenschaftlern 18 Jahre zuvor entdeckt worden waren. Die Knochen waren auf einem Büroflur ausgebreitet.
Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Fleischfresser handelte, der mit Hörnern versehen war, so wie man sie damals auf Madagaskar fand.
„Nach sorgfältigem Vergleich anderer Spezies bestand kein Zweifel eine neue Saurierart entdeckt zu haben“, wird Sereno, Professor an der Universität von Chicago, zitiert.
Suresh Srivastava vom Geological Survey of India (GSI) und Ashok Sahni von der Panjab University fanden die Knochen 1983 zufällig auf ihrer Suche nach Dinosauriereiern und -nestern.
Srivastava dokumentierte die Lage der Knochen detailliert. Die buchstäblich steinalten Knochen wurden daraufhin im Büro des GSI aufbewahrt.
Gemeinsam mit indischen Wissenschaftlern rekonstruierten Wilson und Sereno das Skelett der neuen Spezies: stämmig, 9 Meter lang, fleischfressend, mit neuem Namen Rajasaurus narmadensis, was soviel bedeutet wie „königlicher Dinosaurier aus dem Narmada“. Narmada ist die Flussregion, in der die versteinerten Überreste gefunden wurden.
Sereno hatte bereits auf allen fünf Kontinenten neue Saurierarten entdeckt. Er und Wilson wissen, dass in Indien sowohl fleisch- als auch pflanzenfressende Saurier gelebt haben. Ihr Aussehen ist jedoch noch heute ungeklärt. Der Rajasaurus soll nun Aufschluss über evolutionäre Verbindungen geben.
Das rekonstruierte Skelett ist zwar nicht ganz vollständig, jedoch sind die wichtigsten Komponenten erhalten geblieben: Kiefer und Schädel. Rajasaurus war zudem ein Zweibeiner.
Der Raubsaurier lebte gegen Ende der Kreidezeit und jagte überwiegend Pflanzenfresser, die in der Narmada-Region lebten. Diese Vermutung ergibt sich aus nah beieinander liegenden Funden beider Saurierarten. Versteinerte Funde von Mageninhalten bestätigten dies darüber hinaus.
Zwar wurden laut Sahni auch Sauriereier gefunden, doch konnten diese dem Rajasaurus noch nicht zugeordnet werden.
Die Wissenschaftler glauben, dass der Rajasaurus mit einer Familie von gehörnten Sauriern verwandt ist, die in der südlichen Hemisphäre des heutigen Madagaskar, Afrika und Südafrika lebten. Als die Saurier ausstarben, waren die Kontinente noch nicht in ihrer heutigen Form angeordnet, sie lagen dicht beieinander.
Rajasaurus gehörte wie sein Kollege Tyrannosaurus rex zu den letzten Dinosaurierarten, die mit der weltumspannenden Katastrophe vor 65 Millionen Jahren verschwanden. Die Ursache der Katastrophe ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Mit dem Knochenfundort könnte jedoch eine Aussage getroffen werden. „Denn die Sedimente können in Verbindung mit den mitunter heftigsten vulkanischen Aktivitäten der letzten 500 Millionen Jahre gebracht werden“, sagt Sahni.
Ein Drittel der indischen Landmasse ist mit Lava bedeckt. Daher lassen sich Dinosaurierknochen nur sehr schwer finden. Aber auch die hohe Bevölkerungsdichte des Subkontinents macht die Suche nach weiteren Hinweisen schwierig. „Idealfundort ist eine leere Wüste“, so Sereno.
Forschungen sollen ergeben, wie sich Indien von Afrika, Madagaskar, Australien und der Antarktis getrennt hat und später Teil des heutigen Asiens wurde und das Himalayagebirge formte.