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So, 22. Dezember, 2024
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Abhängigkeit von Indien: Was Europas Pharmaindustrie plant

Die Produktion von Wirkstoffen für Medikamente ist in Europa stark auf Asien angewiesen: Rund 70 Prozent der Generika-Wirkstoffe stammen heute aus China und Indien. Diese Entwicklung hat sich über die letzten Jahrzehnte zugunsten asiatischer Hersteller verschoben, getrieben von niedrigeren Kosten und großzügigeren Umweltstandards. Gleichzeitig wird in Europa die Diskussion über eine Rückverlagerung der Produktion lauter, um Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit zu stärken.

Das Berliner Start-up Dude Chem hat sich zum Ziel gesetzt, europäische Produktionsstandorte durch innovative Technologien wieder konkurrenzfähiger zu machen. Laut Gründerin Sonja Jost sollen neue Verfahren, die weniger Ressourcen verbrauchen und kosteneffizienter arbeiten, helfen, die bisherigen Produktionsvorteile asiatischer Standorte zu reduzieren. Statt in eigene Produktionsanlagen zu investieren, entwickelt Dude Chem Verfahren, die dann von europäischen Lohnherstellern umgesetzt werden können.

Die Abhängigkeit von Asien hat sich seit der Jahrtausendwende stetig erhöht. Während um das Jahr 2000 noch zwei Drittel der Wirkstoffe in Europa hergestellt wurden, hat sich dieses Verhältnis umgekehrt. Niedrigere Personalkosten und der Aufbau großer Produktionskapazitäten in Ländern wie Indien machten die Verlagerung für viele Pharmaunternehmen wirtschaftlich attraktiv. Gleichzeitig sorgten europäische Umweltauflagen und steigende Kosten für einen Rückgang lokaler Produktion.

Doch die Pandemie brachte auch Herausforderungen für die globalisierten Lieferketten ans Licht. Exportstopps und Engpässe zeigten, wie abhängig Europa von asiatischen Wirkstoffen ist. Vor diesem Hintergrund gewinnen Diskussionen über eine stärkere regionale Produktion an Gewicht.

Das Modell von Dude Chem zielt darauf ab, diese Abhängigkeit zu verringern, steht aber vor großen Herausforderungen. Bürokratische Hürden und langwierige Zulassungsverfahren in Europa erschweren die Rückkehr der Wirkstoffproduktion. Zudem bleibt die Frage, ob europäische Produkte langfristig mit asiatischen Anbietern preislich konkurrieren können, da Generika oft strengen Preisvorgaben unterliegen.

Asiatische Produktionsstandorte bleiben unterdessen zentrale Akteure der globalen Pharmaversorgung. Sie bieten nicht nur Kostenvorteile, sondern sichern auch die Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung. Ein vollständiger Ersatz durch europäische Produktionsstätten ist daher kaum realistisch.

Die Rückverlagerung von Produktionskapazitäten nach Europa könnte jedoch als Ergänzung zu bestehenden Strukturen dienen, insbesondere in Bereichen, die von globalen Lieferketten besonders abhängig sind. Dude Chem ist eines von mehreren Unternehmen, die an solchen Ansätzen arbeiten. Ob diese Strategien langfristig wirtschaftlich tragfähig sind, bleibt abzuwarten.

Die Diskussion zeigt jedoch, dass die Rückverlagerung der Wirkstoffproduktion kein schneller Prozess ist und von mehreren Faktoren – wie politischen Rahmenbedingungen, Kosten und technologischen Fortschritten – abhängt. Europa steht vor der Frage, wie Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit künftig miteinander vereint werden können.

Quellen:

Bijon Chatterji
Bijon Chatterji
Bijon Chatterji (*1978) ist Mitbegründer und Chefredakteur von theinder.net. Er studierte Biologie in Braunschweig, promovierte, forschte und lehrte in Hannover. Heute ist er als Global Lead für ein Biotechnologieunternehmen tätig und verantwortet dort u.a. den Bereich Indien. Von 2012-16 war Bijon Mitglied der Auswahlkommission für das "Deutsch-Indische Klassenzimmer" (Robert Bosch Stiftung / Goethe-Institut). Seit 2018 ist er Mitorganisator des "Hanseatic India Colloquium" und nahm 2023 auf Einladung der Bundesintegrationsbeauftragten erstmals an Dialoggesprächen im Bundeskanzleramt teil.

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